Spanisches Wasser auf Abwegen

Mehr als 500.000 Spanier demonstrieren für umstrittenes Wasserprojekt

MADRID taz ■ Spanien erlebte ein weiteres Wochenende mit einer Großdemonstration: Nach dem Nein zum Irakkrieg und dem Protestmarsch über das Versagen der Regierung beim Tankerunglück in Galicien gingen am Sonntag über eine halbe Million Menschen unter dem Motto „Wasser für alle“ auf die Straße. 1.500 Organisationen hatten ins ostspanische Valencia gerufen, um für einen umstrittenen Bewässerungsplan der Regierung zu stimmen. Danach sollen große Mengen Wasser aus dem Fluss Ebro im Norden in die trockenern Gebiete im Mittelmeerraum umgeleitet werden.

Erstmals ging es damit nicht gegen die Politik der in Madrid regierenden Konservativen, sondern um deren Unterstützung: Die aufrufenden Organisationen, unter ihnen Bauernverbände und Tourismusvereine, sprachen sich für den nationalen Wasserplan, den die Regierung von José María Aznar bereits vor 20 Monaten verabschiedet hatte, aus. An der Spitze des Zuges lief der deutlich zufriedene Arbeitsminister Eduardo Zaplana, begleitet von den konservativen Regionalregierungen aus Valencia, Murcia und Almeria.

Der nationale Wasserplan soll erstmals Wasserverbrauch und -vorkommen zentral verwalten. Bis zu acht riesige Kanäle sollen gebaut werden. Insgesamt sind dafür 18 Milliarden Euro veranschlagt. Spaniens größter Fluss, der Ebro, soll angezapft werden. 100 Milliarden Liter Wasser sollen jährlich an der Mittelmeerküste – von Barcelona bis Murcia – verteilt werden. Landwirte, die 83 Prozent des spanischen Wassers verbrauchen, sollen ebenso subventionierte Preise erhalten wie die Industrie.

Dieser Plan stößt freilich nur im trockenen Spanien auf Zustimmung. In Aragón, wo der Ebro sein Wasser her hat, befürchten die Menschen, dass Ressourcen aus den armen Regionen in die reichen umverteilt werden, wenn der Fluss angezapft wird. Das Wasser aus dem Ebro soll künftig in die Tourismusregionen am der Küste und in die Bewässerungslandwirtschaft gehen. Hunderttausende von Menschen gingen deshalb immer wieder auch gegen den nationalen Wasserplan auf die Straße. Zudem haben Umweltschützer bei der EU gegen den Plan Beschwerde eingelegt.

Die sozialistische Opposition in Madrid unterstützt diese Proteste. Eine Haltung, die die Parteivertreter in den trockenen Regionen allerdings nicht nachvollziehen wollen. So mancher Sozialist aus Murcia, Almeria und Valencia schloss sich am Wochenende der Demonstration „Wasser für alle“ an.

Die Konservativen in Madrid und in den trockenen Regionen ließen sich die Unterstützung für den Wasserplan etwas kosten. 1,7 Millionen Euro flossen aus Steuergeldern in die Kassen zur Vorbereitung der Demonstration. Am Ende der Kundgebung gab es über 140.000 Portionen Paella für die Teilnehmer kostenlos. REINER WANDLER

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