USA und Frankreich nähern sich an

Chirac erwägt Militäreinsatz unter UN-Mandat im Irak. Schiiten drohen Fatwa an

BERLIN taz/afp/dpa ■ Im Verhältnis zwischen Frankreich und den USA scheint sich eine leichte Entspannung anzudeuten. Erstmals seit dem Irakkrieg haben sich am Donnerstag die Verteidigungsminister der USA und Frankreichs getroffen. Die französische Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie wurde von Pentagonchef Donald Rumsfeld in Washington zu einem Gedankenaustausch empfangen. Ein Sprecher Alliot-Maries sagte, das Treffen stünde im Zeichen „eines positiven Geistes der Zusammenarbeit“.

Im Hintergrund scheint sich neben dem Atmosphärischen aber doch noch etwas mehr zu tun. Nach Informationen der Pariser Tageszeitung Le Monde erwägt der französische Staatschef Jacques Chirac für die Zeit nach dem Ende der US-Besatzung eine Entsendung französischer Soldaten, die unter UN-Mandat im Irak stationiert wären. Ein Berater Chiracs sagte der Zeitung, wenn der UN-Sicherheitsrat die Nato zur Entsendung einer multinationalen Stabilisierungstruppe ähnlich der in Bosnien auffordere, dann werde Frankreich sich nicht widersetzen.

Mit dieser Position bewegt sich Chirac noch im Rahmen der Linie von Bundeskanzler Schröder, der mit seinen Äußerungen über die Teilnahme der Bundeswehr an humanitären Aktionen im Irak unter bestimmten Bedingungen an den Vortagen für Aufsehen gesorgt hatte.

Chirac könnte jedoch den Amerikanern noch weiter entgegenkommen. Es sei denkbar, dass zwei ausländische Militärkontingente im Irak nebeneinander bestünden: US-geführte Koalitionstruppen, die nach der Übergabe der Souveränität an die Iraker im Land verbleiben, sowie eine neue multinationale Truppe unter UN-Mandat.

Unterdessen haben die Schiiten im Irak den Besatzungsmächten mit einer offenen Konfrontation gedroht, falls ihre Forderung nach Wahlen noch in diesem Jahr ignoriert wird. Der arabische Fernsehsender al-Dschasira berichtete am Freitag, ein Vertrauter des obersten schiitischen Geistlichen Ali al-Sistani kündige für diesen Fall ein islamisches Rechtsgutachten, eine „Fatwa“, an, die es den Gläubigen verbietet, den provisorischen Regierungsrat zu unterstützen. Al-Sistani lehnt die vom Regierungsrat und der US-Besatzungsmacht vereinbarte Übergabe der Souveränität an einen per Auswahlverfahren ernannten Nationalrat im kommenden Juni ab.

Von den Amerikanern und dem Regierungsrat wiederum wird die Abhaltung von Wahlen in diesem Jahr mit der Begründung abgelehnt, die Sicherheitslage lasse sie noch nicht zu. Außerdem seien umfassende Vorbereitungen wie eine Volkszählung notwendig.

Kurz danach traf der US-Zivilverwalter Paul Bremer in Washington ein und konferierte mit Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, Außenminister Colin Powell und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Am Montag sollen dann Gepräche mit den UN-Spitzen folgen.

In Bagdad kam es zu einem weiteren Zwischenfall, als ein Flugzeug mit dem georgischen Verteidigungsminister Tewsadse an Bord beschossen wurde. Niemand wurde verletzt. ER

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