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: Rote Zahlen, schwarze Stimmen

Die Ergebnisse von Kommunalwahlen sorgen nur selten für erhitzte Diskussionen in der Bevölkerung – ganz im Gegensatz zu deren Ursachen: ein geschlossenes Hallenbad, die miserable Ausstattung der Grundschule, eine Leihbücherei, deren Bestand jedem Antiquariat zur Ehre gereichen würde, und städtische Schneepflüge, die frühestens bei Tauwetter endlich auch die Nebenstraßen erreichen. Wenn überhaupt.

Kommentarvon BETTINA GAUS

Der Niedergang kommunaler Dienstleistungen ist ein unerschöpfliches Gesprächsthema. Im Zeichen der Wirtschaftskrise verschärft sich eine Tendenz, die Wahlforscher ohnehin seit Jahren beobachten: dass nämlich Wahlen mehr und mehr als Instrument der Abstrafung genutzt werden. Kommunalwahlen bilden da keine Ausnahme. Interessant ist in diesem Zusammenhang nur die Frage, wer abgestraft wird – und wofür.

Einige SPD-Politiker sehen in den dramatischen Stimmenverlusten ihrer Partei in Schleswig-Holstein jetzt ein Signal für die Unzufriedenheit mit der sozialdemokratischen Landes- und Bundespolitik. Damit haben sie Recht. Aber sie sollten sich nicht täuschen. Es geht tatsächlich vor allem um den Zustand der Städte und Gemeinden und nicht um die Zukunft der Rente oder um den Weltfrieden. Bei Kommunalwahlen ist den meisten Leuten das Hemd näher als der Rock. Sie wollen mit ihrer Stimmabgabe ihre unmittelbare Umgebung und ihre Lebensqualität beeinflussen. Diese Lebensqualität sinkt, denn die Kommunen sind pleite. Landesweit. Daran hat die Bundespolitik maßgeblichen Anteil.

Ganz im Gegensatz zu vielen Bürgermeistern, die jetzt ihren Job verlieren. Sie sind schuldlos an der Entwicklung, denn einem nackten Mann kann man bekanntlich nicht in die Tasche fassen. Nun müssen sie den Preis dafür bezahlen, dass seit Jahren immer mehr Lasten ohne Gegenfinanzierung auf die Kommunen abgewälzt werden. Geklagt wird darüber seit langem laut, aber kaum jemand hört zu. Wen interessiert schon, was der Deutsche Städtetag zu sagen hat?

Diese Gleichgültigkeit ist ein schwerer strategischer Fehler. Wenn einer Volkspartei die kommunale Basis wegbricht, verliert sie auch ihre ehrenamtlichen Helfer und ihren Nachwuchs. Die SPD müsste die Wahlen in Schleswig-Holstein als deutliche Aufforderung verstehen, endlich der Gemeindefinanzreform hohe Priorität einzuräumen. Wenn schon nicht im Interesse der Kommunen, dann doch wenigstens in ihrem eigenen.