Wittstock: Haft für Totschläger

Neuruppiner Landgericht sühnt Totschlag an Russlanddeutschem in Wittstock mit zehn Jahren Haft. Gericht: Latente Fremdenfeindlichkeit war auch Motiv. Mauer des Schweigens bei Zeugen

NEURUPPIN taz ■ Mit hohen Haftstrafen endete gestern vor dem Landgericht Neuruppin der Prozess um den Tod des 24-jährigen Russlanddeutschen Kajrat B. Der Spätaussiedler war gemeinsam mit einem jüngeren Begleiter im Mai vergangenen Jahres am Ende einer Technodisko im brandenburgischen Wittstock angegriffen worden und drei Wochen später an seinen schweren inneren Verletzungen gestorben.

Mit zehn Jahren Haft wegen Totschlags für den Haupttäter und weiteren Strafen zwischen einem Jahr auf Bewährung und sieben Jahren Gefängnis folgte das Gericht im Wesentlichen den Forderungen der Anklage. Die fünf Männer zwischen 21 und 23 Jahren traten und schlugen nach Ansicht der Richter so lange auf Kajrat B. und seinen Begleiter Maxim K. ein, bis diese am Boden lagen. Ein vorbestrafter 23-Jähriger habe dann einen mehr als 17 Kilogramm schweren Feldstein auf den wehrlosen Kajrat B. geworfen. Dessen Verteidiger hatte Freispruch gefordert und kündigte Revision an. Der 23-Jährige war kurz vor Prozessende von einem Freund, der bis dahin als Haupttäter gegolten hatte, belastet worden.

Das Gericht schloss eine rechtsextreme Motivation für den Angriff aus. „Aber eine diffuse Fremdenfeindlichkeit schwang die ganze Zeit unterschwellig mit“, so Richterin Gisela Thaeren-Daig. Kajrat B. und sein Begleiter seien als Fremde identifiziert worden. Die „Gruppe Einheimischer“ habe sie aus einer Mischung aus Imponiergehabe, Hemmungslosigkeit, Betrunkenheit und „Revierverteidigung“ angegriffen.

Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatten im Verlauf des Verfahrens von einer „Mauer des Schweigens“ gesprochen, mit der ein Großteil der über 50 Zeugen die Angeklagten zu schützen versuche. 14 Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf Falschaussage sind mittlerweile eingeleitet worden. HEIKE KLEFFNER

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