Etwas Wolf wird bleiben

Warum Trainer Wolfgang Wolf beim Bundesligisten VfL Wolfsburg durch Jürgen Röber ersetzt wird

von PETER UNFRIED

An einem kalten Dezembertag fuhr Wolfgang Wolf einen Besucher in seinem VW durch Wolfsburg. Geht ja schnell. Am Rand von Stadt und VW-Werksgelände („Autostadt“) hielt er an und zeigte auf etwas, das aussah wie ein Ufo, das mitten in der Wüste gelandet ist. Es war aber ein neues Fußballstadion namens VW-Arena. „Auch wenn hier ich mal weg bin“, sagte Wolf und wedelte unsentimental mit der Hand: „Etwas von mir wird bleiben.“

Tja: Nun ist er weg. Am Dienstagmorgen hat Lothar Sander, Aufsichtsratsvorsitzender der VfL Wolfsburg Fußball GmbH, mitgeteilt, Wolf habe um Auflösung seines am Saisonende auslaufenden Vertrags gebeten. Er wolle, dass in die 120.000-Einwohner-Stadt im Osten Niedersachsens wieder „Ruhe“ einkehre. Am Nachmittag hat man den Nachfolger präsentiert: Jürgen Röber (49), vorher u. a. bei Hertha BSC Berlin und VfB Stuttgart.

Wie kommt es? Das zu verstehen, reicht ein Blick auf die Tabelle nicht: Der VfL steht nicht gut. Aber: (fast) da, wo man immer steht, seit man vor fünf Jahren in die Bundesliga aufstieg – auf Platz 11. Die Sache hatte freilich eine branchenübliche Dynamik bekommen. Zum einen dadurch, dass die VfL Fußball GmbH (an der VW 90 Prozent hält) und Wolf in der Winterpause bekannt gegeben hatten, sich am Saisonende eh zu trennen. Eine rationale Entscheidung: Nach fünf guten Jahren sollte ein Neuer den Klub auf eine neue Qualitätsstufe heben. Aber: So was nennt man „lame duck“-Situation, und das schwächt einen Trainer extern und intern. Nach der Winterpause jedenfalls funktionierte der auf Laufarbeit, Engagement und Effenberg fußende Kollektivfußball des ordentlich besetzten Teams nicht mehr.

Dass Jürgen Röber Nachfolger Wolfs wird, macht aus Unternehmenssicht Sinn. Röber hat das Profil, das der exekutiv allein verantwortliche Manager Peter Pander gesucht hat. Er ist ein sachlicher Arbeiter der gehobenen Kategorie mit nachgewiesenem mittelfristigem Erfolg plus Champions-League-Erfahrung.

Die Sache ist aber auch ein bisschen lustig. Einerseits, weil Röber vor einem Jahr in Berlin auch an der „lame duck“-Situation gescheitert ist. Andererseits, weil seither kolportiert wurde – oder fantasiert –, er warte zu Hause in Berlin, bis Wolf falle.

Wolf (45), Pfälzer und ehemals über ein Jahrzehnt Bundesligaprofi, gehört zur Generation der sachlichen Konzepttrainer, die in den letzten Jahren nach der Vorleistung von Kollegen wie Finke und Daum den Fußball in der Bundesliga in der Breite modernisiert haben. Kritiker werfen ihm vor, er hätte in knapp fünf Jahren mehr leisten müssen, als aus einem zufällig aufgestiegenen Zweitligisten einen etablierten Mittelklasseklub zu machen. Wolf hat die tabellarische Stagnation angesichts eines begrenzten Haushalts stets als „Fortschritt“ gedeutet. Es brauche Entwicklung, um den Stand halten zu können. Gerade hat er mit Tobias Rau (21) den ersten Nationalspieler hervorgebracht.

Letztlich, und das ist eine bittere Pointe für Wolfgang Wolf, hat das schöne Stadion zum unschönen Abschied seines Mit-Architekten beigetragen. Speziell auch durch Zielvorgaben der VW-Manager, die im Fußball das werden wollen, was sie im Kerngeschäft (noch) sind: Champions-League-Player.

Das schuf plötzlich eine Erwartungshaltung, die dazu geführt hat, dass am Ende jeder vage Fußballinteressierte dachte, Wolfsburg müsse mindestens im Uefa-Cup spielen. Nur Wolf nannte den europäischen Wettbewerb als Ziel für 2004 – aber da hörte schon keiner mehr hin.

Wolfgang Wolf war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Im taz-Gespräch hat er unlängst seinen Ausstieg aber schon skizziert. Der Arbeitsmarkt sei eng, natürlich. Aber grundsätzlich gelte: „Ich habe keine Zukunftsängste.“