Kaum Demonstranten gegen Nazi-Aufmarsch

Auf der Nazi-Demo in Hamm am vergangenen Samstag blieben die AnwohnerInnen gleichgültig. Nur etwa 300 GegendemonstrantInnen traten 200 Nazis entgegen. Schlägerei im Vorfeld kündigte den braunen Mob an

HAMM taz ■ Der westfälische Landregen schaffte schließlich, was die Gegendemonstration nicht durfte: er sorgte für ein schnelles Ende des rechtsradikalen Aufmarschs in Hamm. Knapp 200 Rechte zogen am Samstag anderthalb Stunden lang durch den industriell geprägten Stadtteil Bockum-Hövel. Nur etwa 300 Menschen traten den Rechten entgegen. Meist gleichgültig ließen die HammerInnen den Zug vorbei. „Was soll man da machen? Die sind doch eh bald wieder weg“, sagte ein Passant. Und auch die Parole „Mülltonnen raus, Rolläden runter“, von der CDU-Stadt im Vorfeld ausgegeben, fand nur wenig Resonanz. Am Fenster hängen und gucken ist eben doch interessanter.

Angefangen hatte der Spuk am Bahnhof von Bockum-Hövel. Angeführt von der rechtsradikalen Kameradschaft Hamm versammelten sich dort die Rechten unter dem wirren Motto „Solidarität mit Palästina“. Entsprechend sahen auch die Plakate aus - „Frei Sozial National“ stand darauf oder „Rassismus ist ein Meister aus Israel“. Die aus dem ganzen Land angereisten Teilnehmer und Teilnehmerinnen hörten die Auftaktkundgebung: Neben kaum verhüllten Drohungen gegen örtliche Linke griff der als “Philip“ vorgestellte Redner tief in die antisemitische Mottenkiste und mokierte sich in Goebbels-Manier über Gesichtsmerkmale von Juden.

Bewacht von einigen Polizei-Hundertschaften aus dem ganzen Ruhrgebiet verlief der anschließende Zug friedlich, wenn auch begleitet von Parolen wie „Israel, Völkermordzentrale“.

Schon am Donnerstag Abend kam es in der Innenstadt zu einer Schlägerei zwischen rechten und linken Jugendlichen. Etwa zehn Mitglieder der Kameradschaft Hamm wollten eine Informationsveranstaltung gegen Rechtsradikalismus im Hammer ver.di-Haus stören. Ein paar Stunden später gab es bei einer Schlägerei mehrere leicht Verletzte. Der Dortmunder Staatsschutz untersucht jetzt den Vorfall.

Um Ähnliches am Samstag zu verhindern, gingen beide Demonstrationszüge getrennte Wege. Erst gegen Ende bekamen beide Gruppen Sichtkontakt, durch die Polizei etwa 100 Meter voneinander getrennt. Die etwa 300 TeilnehmerInnen der Gegendemonstration warteten fast eine Stunde auf die Rechten. Und die hätten es fast geschafft, ihre GegnerInnen zu spalten. Als Antwort auf die Rechten hatte die Gegendemo das Motto „Solidarität mit Israel“. Dass einige Teilnehmer auch israelische und amerikanische Flaggen mit auf den Weg nahmen, sorgte für Unruhe – einige Demonstranten machten sich wieder auf den Heimweg. “Die Besetzung linker Parolen durch die Rechten ist Bauernfängerei“, sagte Terry ter Horst vom Friedensnetz Hamm.

Als die Rechten dann kamen, ging alles ganz schnell. Fünf Minuten lang flogen die Beschimpfungen hin und her. „Nazis raus“ von der einen Seite, „Nieder mit der roten Pest“ von der anderen. Nach diesem Austausch diverser Schimpftiraden trennten sich beide Züge wieder: die Linken gingen nach Hause, die Rechten zurück zum Bahnhof. Dort geschah dann beinahe noch ein Wunder: Rechte erklärten ihre Verbundenheit mit einem Ausländer. Doch es war nur Osama bin Laden, dem sie mit einer kruden Solidaritätsadresse Beifall klatschten.

Übrig vom Tage bleibt die Ankündigung der nächsten rechten Kundgebung in Hamm. Am Mittwoch wollen sie vor dem Hauptbahnhof ihrer am Donnerstag “brutal zusammengeschlagenen Kameraden“ gedenken.

HARALD SCHÖNFELDER