Samstags modern

Jazz mal drei zum Quadrat: Das MIB-Night-Festival bespielte das Wochenende hindurch das Lagerhaus vom Parterre bis in die zweite Etage – und hält Kurs auf ein jugendlicheres Publikum

Die Bremer Jazzszene mag viel zu klagen haben, denn es gibt immer weniger Spielstätten und Geld. Doch einmal im Jahr scheint die Welt in Ordnung zu sein. Das MIB-Night Jazzfestival ist das Aushängeschild der Musiker-Initiative-Bremen, und seit es im Lagerhaus Bremen stattfindet, ist es auch ein Publikumserfolg.

Drei Abende lang wird auf drei Etagen Musik gemacht, wobei die Kneipengäste im Café die „Minimalistische Knister-Elektronik“ der DJs Caulfield oder Minimood oft kaum bemerken werden, denn deren Soundcollagen knacken und rauschen zu leise, um den Geräuschpegel der Kneipe zu übertönen.Aber dass DJs überhaupt bei einem Jazzfestival auftreten, ist ja eine kleine Sensation.

Schon im vergangenen Jahr fiel auf, dass die MIB sich um ein jugendlicheres Publikum bemühte. Diesmal war der gesamte Samstag den modisch-modernen Spielformen des Jazz gewidmet. Für die Club Nacht wurden die Stühle weggeräumt. Als Top-Act trat die britische Funkband „New Mastersounds 4“ auf. Eddie Roberts spielte eine schön dreckig schwarze E-Gitarre und der Keyboarder Bob Birch spielte meist mit dem typischen Hammond-Orgel Sound der 60er-Jahre, der jetzt seltsamerweise viel populärer ist als damals.

Als Kontrastprogramm konnte man sich in der dritten Etage vom sanften Ethnojazz Harry Payutas umspülen lassen, der, begleitet von Michi Schmidt auf dem Vibraphon und Perkussionist Frank Mattutat auf seiner Sitar improvisierte. Das war Ambient-Musik, die keinem wehtat. Nur musste ein Großteil der Zuhörer sie in qualvoller Enge ertragen. Die strömten nämlich meist nach Auftritten von der viel geräumigeren ersten Etage unters Dach.

Von vielen Plätzen waren die Musiker nicht einmal zu sehen. Entsprechend war eine angemessene Konzertatmosphäre in diesem Raum kaum möglich – außer beim Auftritt von Efi Geffken und Peter Apel am Freitagabend, zu dem das Gläserklirren und die lauten Tischgespräche perfekt passten. Die „jazzfreie Zone“ nannte ein Kollege treffend deren wohl absichtlich grobe Mischung aus Chansons und Bluesklischees.

Der Freitag war als „Gitarren Nacht“ angekündigt, aber die einzige Band, in der der Gitarrist den Ton angab, war das Trio „Nite Spot“ von Hanno Bonsdorf. Da wurde guter alter Jazzrock angestimmt, kompetent mit Spielwitz und schönen Bluesstimmungen interpretiert. Und als der Gitarrist ein Stück seiner Frau widmete, weil in seiner Ehe „auch nach 20 Jahren noch Glut“ sei, schien er damit auch seine Musik auf den Punkt zu bringen.

Ignaz Dinne galt lange als das Wunderkind der Bremer Jazzszene. Der Sohn des Posaunisten Ed Kröger studierte in den USA Saxophon und entwickelte sich zu einem der Klassizisten des „modern Bop“. Der Set seiner „Group“ war virtuos, Dinne blies variantenreich, improvisierte gewagt und verlor sich doch nie in leerer Virtuosität. Die Band spielte wie aus einem Guss, und Gitarrist Jan-Olaf Rodt hatte bei seinem Solo zu „’Round Midnight“ einige beseelte Momente, und doch spürte man bei jedem Ton die Anstrengung und den Ehrgeiz. Wunderbar gelassen und routiniert wirkten dagegen Uli Beckerhoff und sein Quartett, das mal kurz am Nachmittag „bei Butterkuchen“ zum ersten Mal miteinander geprobt hatte und eine seltsame Mischung von Stücken des Trompeters gab – komponiert als Film-, Hörspiel- und Theatermusiken. Der spielte mit Werner Neumann (Gitarre), Gunnar Plümer (Bass) und dem jungen Matthias Nadolny ( Saxophon) so inspiriert wie lange nicht mehr. Wilfried Hippen