traumgestalter etc.
: Sweet Dreams

Was für eine schöne Vorstellung: Das freudianisch Böse vor sich hin brodelnde Unterbewusstsein, das nachts, wenn die Kontrollfreaks vom Bewusstsein endlich ihren wohlverdienten Feierabend haben, mit unseren Träumen macht, was es will, hat endlich ausgespielt. Dafür gibt’s jetzt aus Japan den neuen „Dream Workshop“ (im Original: Yumemi Kobo)!

Wie die BBC vermeldete, will dort die Firma Takara ein Gerät entwickelt haben, welches dem Anwender ermöglicht, seine eigenen Träume zu gestalten. Das Ganze soll angeblich so funktionieren, dass man sich ein Foto anschaut („den Traum visualisieren!“) und dazu eine Story-Line ausdenkt, von der man gerne träumen würde. Diese Gute-Nacht-Geschichte spricht man dann in den Yumemi Kobo, der mit der Aufnahme der eigenen Stimme, sowie mit Licht-, Musik- und Geruchsinstallationen dem Schläfer in der REM-Phase eine Art autosuggestive Atmosphäre schafft. Nach acht Stunden wird der Story-Line-Träumer dann sanft von Musik und einem Sonnenlicht-Surrogat geweckt, damit er im „Schockzustand des Erwachens“ das so mühselig Erträumte nicht gleich wieder vergisst.

So weit, so gut. Die Konsequenzen dieser Erfindung wären natürlich absolut revolutionär und begrüßenswert: Endlich kein esoterisches „Im Unterbewusstsein hab ich’s immer schon gewusst“-Gesülze mehr! Keine Ausreden für irrwitzig irgendwelcher Traumlogik folgenden David-Lynch-Filme mehr! Und schließlich die sofortige und längst überfällige Revision von ca. 50 Prozent aller jemals gedichteten Popsongs: „Nur geträumt“, Nena, „Sweet Dreams Are Made Of This“, Eurythmics, „Dream On“, Nazareth, „Dream, Baby, Dream“, Alan Vega, um ganz spontan einfach mal vier zu nennen)!

Vorerst gibt die Takara Company, die der Welt auch schon so bahnbrechende und das Alltagsleben absolut revolutionierende „bell“- und „miau- linguistische“ Gerätschaften zur besseren Kommunikation mit Haustieren beschert hat, allerdings zu, dass man den Yumemi Kobo in der Feinabstimmung noch verbessern müsse. „Wir sind immer noch am Experimentieren, hauptsächlich mit Firmenangestellten“, teilte ein Unternehmenssprecher mit. Einige Probanden sagten, das Grundthema wäre richtig gewesen, aber mit der Story-Line hätte etwas nicht gestimmt. Andere beschwerten sich schlicht darüber, dass die geräuschvolle Maschine sie aufgeweckt hätte.

Die schöne neue Welt dürfte also noch ein Weilchen auf sich warten lassen. Denn bei Yumemi Kobo steckt der Sandmann im Getriebe – ein „candy coloured clown“, wie Roy Orbison ihn einst besang und den man sich wohl auch weiterhin als durchgeknallten Denis Hopper vorstellen muss: in Dreams.

ANDREAS MERKEL