Freispruch für deutsche Stiftungen

In der Türkei scheitert der konstruierte Versuch, Zwietracht gegenüber der EU zu säen

ISTANBUL taz ■ Mit einem Freispruch ist gestern ein Strafprozess gegen die deutschen parteinahen Stiftungen in der Türkei zu Ende gegangen. Die Repräsentanten aller parteinahen deutschen Stiftungen sowie der Leiter des Orient-Instituts in Istanbul und Vertreter verschiedener türkischer Organisationen waren angeklagt worden, sich geheimbündlerisch gegen die Türkei verschworen und Spionage betrieben zu haben.

Der Prozess, der am ersten Weihnachtstag letzten Jahres begann, hatte die deutsch-türkischen Beziehungen erheblich belastet. Die Bundesregierung protestierte mehrmals gegen die Anklage und wies die Vorwürfe als „absurd“ zurück. Angestrengt worden war der Prozess von einem mittlerweile versetzten Staatsanwalt des Staatssicherheitsgerichts in Ankara, der den Ultranationalisten nahe steht. Seine Anklage basierte im Wesentlichen auf einem Buch eines ultrarechten Historikers.

Die Anklage war vor dem Regierungswechsel im November 2002 vorbereitet worden und wurde offensichtlich von der damaligen Regierungspartei MHP gedeckt. Die Vorwürfe waren derart abstrus und schlampig konstruiert, dass der Charakter einer politischen Kampagne offensichtlich war. Nach Einschätzung der Stiftungsvertreter ging es den nationalistischen Kräften innerhalb des Staatsapparates darum, die Annäherung der Türkei an die EU zu behindern.

Dass der Prozess ganz offensichtlich ein politisches Störmanöver sein sollte, wurde in der letzten Woche noch einmal deutlich, als aus dem Innenministerium am Minister vorbei ein so genannter Prüfbericht über die Stiftungen lanciert wurde, indem mit denselben konstruierten Argumenten wie schon in der Anklage eine Schließung der Stiftungsbüros empfohlen wird. Die amtlichen Autoren des Berichts, die dieselbe politische Richtung wie der ursprüngliche Ankläger repräsentieren, argumentierten, die deutsche Außenpolitik ziele mit der Unterstützung der kurdischen PKK auf eine Zerstörung der Türkei und die Stiftungen seien die ausführenden Organe dieser Politik.

Vor Gericht plädierte der zu Prozessbeginn neu eingewechselte Staatsanwalt dann selbst auf Freispruch, sodass der Prozess gestern nach vier Verhandlungstagen beendet wurde.

JÜRGEN GOTTSCHLICH