Neues Patentrecht für ganz Europa

Ab 2005 sollen Patente EU-weit gelten. Deutschland kann Schaffung von Patentgericht in Luxemburg nicht verhindern

BRÜSSEL taz ■ Drei Jahre ist es her, dass EU-Kommissionspräsident Romano Prodi zum ersten Mal ein europäisches Patent forderte. Bis vorgestern rangen die zuständigen Minister um Kompromisse für die letzten technischen Details. Ab 2005 soll nun neben nationalen und „Bündelpatenten“ für mehrere EU-Staaten auch das EU-weit gültige Patent beantragt werden können.

Der Vorschlag war ursprünglich Teil eines Pakets, das die Kommission für den Beschäftigungsgipfel von Lissabon vor drei Jahren zur Diskussion gestellt hatte. Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein rechnete damals vor, dass es fünfmal teurer sei, ein Patent für acht EU-Staaten zu beantragen als für ganz Japan oder die USA – ein gewaltiger Standort-Nachteil. Um die europäische Wissensgesellschaft voranzubringen, die wirtschaftliche Situation gegenüber den USA zu verbessern, sollten Ideen künftig billiger und unbürokratischer geschützt werden.

Wenn der deutsche CDU-Europaabgeordnete Klaus-Heiner Lehne das neue Gemeinschaftspatent nun als „Mogelpackung“ bezeichnet, sorgt er sich vor allem um die Arbeitsplätze deutscher Patentjuristen. Bis zuletzt hatte sich Wirtschaftsminister Clement dagegen gewehrt, dass von 2010 an in Luxemburg ein neues europäisches Patentgericht erster Instanz geschaffen werden soll. Bislang werden 70 Prozent aller europäischen Patentstreitigkeiten in Deutschland verhandelt – wo die meisten Patente beantragt werden. Mit der Forderung, die erste Instanz in den Antragsstaaten zu belassen, konnte sich Deutschland nicht durchsetzen. Ebenso wenig wie mit dem Vorschlag, die Übersetzung der Patente auf die drei Amtssprachen des Europäischen Patentamts in München (Deutsch, Englisch und Französisch) zu beschränken. Das hätte eine große finanzielle Ersparnis bedeutet, die Übersetzung durch Sprachjuristen in bis zu elf Amtssprachen ist beim Bündelpatent der größte Kostenfaktor.

Nach dem nun beschlossenen Kompromiss darf in jedem EU-Land der Patentantrag in der Muttersprache gestellt werden und wird dann in eine der drei Amtssprachen übersetzt. Innerhalb von zwei Jahren muss die Übersetzung in bis zu 21 EU-Sprachen (nach der nächsten Erweiterungsrunde) nachgereicht werden. Sie beschränkt sich auf eine Zusammenfassung, da technische Details oft hunderte von Seiten umfassen. Als Beschäftigungsoffensive für Sprachjuristen kann das Gemeinschaftspatent also nicht gefeiert werden.

DANIELA WEINGÄRTNER