Tradition und Wagnis

Heitere Einakter und sperrige Innovateure: Der nächste Spielplan des Jungen Forums Musiktheater

Kurz nach Abschluss der vorherigen Spielzeit stellte das Junge Forum Musiktheater in dieser Woche das Programm der kommenden Saison vor. Dabei betonte der Koordinator des Studienganges Musiktheater-Regie, Peter Krause, dass das Forum junge Oper mit durchaus professionellem Anspruch sei, sich aber nicht als Konkurrenz sondern als Ergänzung zur Staatsoper sehe. Das Programm, mit dem auch ein jüngeres Publikum angesprochen werden soll, liest sich auf den ersten Blick allerdings nicht sehr wagnisreich.

Insgesamt sieben Stücke werden von Juli bis Februar nächsten Jahres aufgeführt. Neben sechs Diplominszenierungen von Absolventen und Absolventinnen des Instituts für Theater, Musiktheater und Film gibt es eine professionelle Inszenierung, die im Juli den Auftakt zur 13. Spielzeit bildet. Die bekannte Mozart-Oper Die Hochzeit des Figaro soll unter der Regie von Prof. Florian-Malte Leibrecht an den Abschlusserfolg der letzten Spielzeit anschließen: Nach teils eher enttäuschenden Besucherzahlen waren alle Vorstellungen von Rossinis Der Barbier von Sevilla ausverkauft. Musikalisch anknüpfend an den Figaro präsentiert Alexander Radulescu das Singspiel Mozart. Es folgen zwei Stücke, in deren Wahl der Versuch gesehen werden kann, einen Bezug zur aktuellen politischen Lage herzustellen: So wird im Oktober mit Udo Zimmermanns Die Weiße Rose ein erfolgreiches Werk des zeitgenössischen deutschsprachigen Musiktheaters von Frauke Meyer inszeniert. Das 1985 in Hamburg uraufgeführte Stück lässt die Geschwister Scholl die letzten Stunden vor der Hinrichtung durchleben. Im folgenden Monat feiert dann Lauren Schübbes Inszenierung von Kurt Weills Johnny Johnson Premiere. Das Antikriegsstück, in dem ein naiver Pazifist für den Frieden in den Krieg zieht, war Weills erstes Musical nach seiner Emigration in die Vereinigten Staaten.

Eine Doppelpremiere gibt es zu Weihnachten mit den beiden heiteren klassischen Operneinaktern La scala di seta, einem der unbekannteren Werke Gioacchino Rossinis, und Die schöne Galathée von Franz von Suppé. Mit Gerd Kührs Stallerhof, nach dem gleichnamigen Roman von Franz Xaver Kroetz, wagt sich Heiko Henkel zum Abschluss der Spielzeit an das außergewöhnlichste und forderndste Stück der Saison. Die erst sieben Mal aufgeführte Oper über religöse Moral, Einsamkeit und Gewalt soll die tradionellen Strukturen der Opernaufführung aufbrechen. Geplant ist eine Inszenierung mit perfomativem Charakter, bei dem die Grenzen der Bühne verlassen werden und das Theater zu einem einheitlichen Erlebnisort wird.

Ob das Programm dem eigenen Anspruch des innovativen Kontrastprogramms gerecht wird, hängt freilich davon ab, wie die Jungregisseure den teils reichlich traditionellen Stoff interpretieren. Myrjam Lammer