Interview zur Gedenkstätte

Architekt Andreas Ehresmann im Interview über die Baugeschichte von Neuengamme

taz hamburg: Wieso wird in der neuen Gedenkstätte das frühere Konzentrationslager nicht originalgetreu rekonstruiert?

Andreas Ehresmann: Bei einer Rekonstruktion des gesamten Schutzhaftlagers würde die noch vorhandene Originalsubstanz gegenüber den nachgebauten Baracken in den Hintergrund treten. Die baulichen Überreste haben jedoch eine große Bedeutung, denn sie sind der Garant für die Authentizität des Ortes. Zudem müsste an jeder Baracke darauf hinweisen werden, was echt und was nachgebildet ist. Nur der frühere Appellplatz des KZ wird rekonstruiert.

Bekämen andererseits die Besucher nicht eine bessere Vorstallung davon, wie die Häftlinge in Neuengamme leben mussten?

Dies wird in der Hauptausstellung dargestellt. Darüber hinaus sollen die Besucher die Lebensbedingungen, soweit das überhaupt möglich ist, eher nachempfinden können. Die Enge und der Geruch der Wohnbaracken beispielsweise lassen sich eher über Zitate von Insassen vermitteln als über ein nachgebildetes Gebäude.

Sie setzen mehr auf Gefühl als auf Information?

Nein. Die Gedenkstätte wird auf wissenschaftlicher Grundlage umgestaltet. Im Außengelände aber wollen wir die Tristesse des Ortes darstellen durch die stilisierten Gestaltungsmittel und die Materialwahl.

Wird man in der Gedenkstätte erfahren, dass auf dem KZ-Gelände in der Nachkriegszeit ein Gefängnis gestanden hat?

Vom jetzigen Gefängnis bleibt ein Stück Mauer stehen, um die Zeitschichten deutlich zu machen. Die Nachnutzung des KZ wird selbstverständlich thematisiert. Sie gehört zur Geschichte des Ortes. Interview: ee