Ende der Durststrecke

Nach Monaten steigt der Wasserstand der Elbe wieder. Von Wetterkapriolen gebeutelte Binnenschiffer hoffen wieder auf bessere Zeiten und mahnen überfällige bauliche Maßnahmen gegen die Fahrrinnen-Versandung an

„Es ist bedauerlich, dass das Schiff als Transportmittel nicht an Bedeutung gewinnt“

Aus Lauenburg Timo Jann

Die Binnenschiffer an der Elbe schöpfen wieder Hoffnung. Nach tagelangem Regen im Einzugsgebiet des Flusses ist der Wasserstand gestiegen. „Der Regen hat geholfen“, berichtet Erich Wiese vom Wasser- und Schifffahrtsamt in Lauenburg (Kreis Herzogtum Lauenburg). Für die nächsten Tage sagt die Prognose des Amtes weiterhin steigende Wasserstände vorher. „Aber niemand kann heute sagen, wie lange das dann wirklich in dem Maße anhält, dass auch wieder die Schiffe vernünftig beladen fahren können“, meint Wiese. Mehr als drei Meter am Pegel im niedersächsischen Neu Darchau sind Ende der Woche möglich.

Seit Juni 2003 ist kein Schiff mehr oberhalb von Lauenburg auf der Elbe gefahren, zeitweise stand das Wasser in Neu Darchau gerade mal 77 Zentimeter hoch. „Es ist unglaublich, wie extrem die Binnenschiffer unter den Wetterkapriolen leiden“, sagt Jürgen Mahnecke, Vorsitzender des Lauenburger Schiffervereins von 1869. „2002 hatten wir hier an der Elbe das extreme Hochwasser, da ging nichts, und nun haben wir seit mehr als einem halben Jahr Niedrigwasser, und es geht wieder nichts.“ Die Binnenschiffer haben bereits die Hälfte ihrer Einnahmen verloren. 98 Mitglieder hat der Schifferverein bundesweit.

Teilweise können die Schiffe inzwischen wieder ein Drittel ihrer möglichen Tonnage laden. „Das wird, so weit es geht, ausgereizt“, sagt Mahnecke, der in Lauenburg das Büro einer Schiffsversicherung leitet. „Dann laden die Schiffer bis zur freigegebenen Tiefe und sobald sich zwischenzeitlich durch Strömungen etwas am Grund geändert hat, hängen sie auf frischen Sandbänken fest und haben sich Schäden am Schiff eingefangen.“

Trotz steigenden Wassers kaum verändert hat sich die Lage für den polnischen Schiffer Wlodzimierz Rosik, der seit März vergangenen Jahres mit seinem Fahrzeug im Deichvorland von Schnackenburg (Landkreis Lüchow-Dannenberg) auf einer Wiese festsitzt. Er war bei Hochwasser statt in den Hafen auf die Wiese gefahren und dort bei ablaufendem Wasser stecken geblieben (taz berichtete). Wie gestern ein Sprecher des Wasser- und Schifffahrtsamtes in Wittenberge mitteilte, benötigt Rosik einen Wasserstand von wenigstens 4,60 Metern, um aus eigener Kraft zurück in die Elbe fahren zu können.

Unterdessen übt Mahnecke Kritik an der Verkehrspolitik: „Es ist bedauerlich, dass trotz aller Beteuerungen das Schiff als Transportmittel nicht mehr an Bedeutung gewinnt. Da wird viel geredet, aber die Politiker schaffen es nicht, ein klares Zeichen zu setzen.“ Beim Bau der Lauenburger Schleuse in den Elbe-Lübeck-Kanal oder auch bei der umstrittenen Erweiterung des Hamburger Airbus-Werkes im Mühlenberger Loch etwa dürfen Baustoffe ausschließlich per Schiff angeliefert werden.

Um die Situation an der Elbe dauerhaft zu entspannen, wären Sanierungen der Buhnen erforderlich. „Dadurch ließe sich die Fahrrinne der Elbe zwischen Dömitz und Lauenburg, wo wir durch Sandablagerungen besondere Probleme haben, ausreichend tief halten“, erklärte Wiese. 50.000 Euro pro Buhne würde das kosten. Allein in dem genannten Bereich gibt es am Ufer der ehemaligen DDR 250 dringend zu sanierende solcher Ufervorbauten. Das Geld dafür fehlt – auch, weil geplante Einnahmen aus der Lkw-Maut nicht fließen.