Lasst Räume ächzen!

Eine internationale Kooperation baut Schülern Brücken zu Neuer Musik

Vielfalt der Ansätze von Stimmbandakrobatik bis zur Rechner-Musik

Eine angespannt-aufgeregte, aber zwanglose Stimmung: Das vierte Konzert der Reihe „Mobile Musik“ des Neuen Ensembles Hannover präsentierte zugleich die Ergebnisse verschiedener Workshops für zeitgenössische Musik: Zu der sollte das Projekt „Bridges“ Kindern und Jugendlichen Zugänge eröffnen. Erfolgreich: denn in großer Zahl belebten sie das kahl-nüchterne Auditorium des Sprengel-Museums.

Das Konzept der Organisatoren um den Komponisten Stephan Meier ist so einfach wie schlüssig: Mehrere Schulklassen wurden von Tonsetzern angeleitet, selbst Stücke zu erfinden. Als professionelle Brückenbauer betätigten sich neben Meier selbst illustre Gäste: Das Gesamtprojekt ist eine Kooperation des Vereins Musik für heute, der London Sinfonietta, GRAME Lyon und des Muzyka Centrum Krakau, wo bereits ein erstes Workshop-Wochenende stattfand.

Ebenso international auch die Dozenten, die für sehr unterschiedliche Ansätze stehen: So liegt der Arbeits-Schwerpunkt des Franzosen Jean-François Estager auf rechnergestützter Musik, der von Fraser Trainer aus London hingegen im Bereich Film.

Beides wurde auch im Abschlusskonzert deutlich. Die von Trainer betreute Gruppe präsentierte ein interessantes Video nach Oliver Knussens Kammeroper „Where the Wild Things are“. Unter Anleitung des Lyoner Komponisten hingegen hatten Fünftklässler aus ihren Handbewegungen mittels Computer Grafiken kreiert.

Diese wiederum wurden, ebenfalls elektronisch, in Notenschrift umgewandelt. Was daraus entstand und mittels Videoleinwand auf die Bühne projiziert wurde, spielten nun die Kinder, auf Instrumenten. Wie ein solcher kompositorischer Ansatz, in dem die eigene Kreativität der Kinder wegen des technologischen Übergewichts kaum gefragt ist, diese zur Neuen Musik bringen soll, blieb allerdings fragwürdig.

Ganz anders als das Gesamtkonzept: Eine bessere Möglichkeit, sich zeitgenössischer Musik zu nähern als sie selbst zu schaffen, gibt es nicht. Das demonstrierte der vom FreiburgerMatthias Spahlingers begleitete Workshop aufs Schönste. Sein Oberstufenkurs hatte vier kurze Stücke vorbereitet, die sich auf wenige, äußerst wirkungsstarke Formen der Tonerzeugung konzentrierten.

Im eindrucksvollsten Stück nutzten die im ganzen Raum verteilten Schüler nur ihre Stimmbänder und ließen diese Knarzen und Knarren: Das wirkte, als ächze der Raum selbst. Da sprang auch der Funke zum atemlos konzentrierten Publikum über. Eine Brücke war entstanden.

Reinald Hanke