„Joschka fuhr auf AC/DC ab“

Wolfgang Niedecken (BAP) im tazcafé: Was er zu Fischer, Sodann, Dylan sagt

Wolfgang Niedecken hat die Kandidaturen von Gesine Schwan (SPD) und Peter Sodann (Die Linke) für das Amt des Bundespräsidenten kritisiert. „Ich habe es für keine gute Idee gehalten, einen Gegenkandidaten zu Horst Köhler aufzustellen“, sagte der Sänger von BAP bei einer Veranstaltung im tazcafé in Berlin. „Man hätte zu diesem Zeitpunkt großherzig sagen können, wir haben einen guten Bundespräsidenten, wo sind die wirklichen Probleme?“

Niedecken, 57, war der erste Gast der neuen taz-Reihe „Im Gespräch mit …“, in der biografische Gespräche geführt werden – und die sich speziell an die taz-Genossen richtet, die mit den Gästen diskutieren können. Moderator Peter Unfried, stellv. Chefredakteur der taz, nannte Niedecken „einen der wichtigsten deutschen Musiker der letzten hundert Jahre“. Das Gespräch wurde – auch das war eine Premiere – auf taz.de live übertragen. Wer es verpasst hat: www.taz.de/zeitung/taznews-verlag/taz-live/niedecken/. In dem 80-minütigen Gespräch erzählte Niedecken über seine Reisen nach Afrika. Er engagiert sich mit der Aktion „Rebound“ für die Reintegration von Kindersoldaten. Über das Thema Afrika hat er Köhler (CDU) kennen und schätzen gelernt. Dessen Engagement für Afrika sei eine „Herzensangelegenheit“, die er altruistisch betreibe. „Jetzt muss auch noch ein Krimiheld her, um für die Linken den linken Stammtisch zu bedienen“, sagte Niedecken in Anspielung auf Sodanns Rolle des Tatort-Kommissars. Es werde „immer peinlicher“.

Der Gründer, Sänger und Texter von BAP hat seine eigene Geschichte mit der taz. 1979, so erzählte er, habe er mit der damaligen „Hobbyband“ für die taz-Gründungsinitiative Köln bei einer Veranstaltung gespielt. In all den Jahren war er häufig auch kritisch behandelt worden, wohl auch weil sich in seiner Person ein Grundwiderspruch spiegelt: einerseits die Sehnsucht nach Menschen, die sich engagieren, andererseits die Skepsis dagegen, die sich in „Gutmenschen“-Bashing Luft verschafft. Sicher sei er auch mal „stinksauer“ gesehen, aber er denke, dass es DIE taz nicht gäbe, sondern es sich um die Meinung eines Mitarbeiters handele. Seit er wisse, dass der Begriff „Gutmensch“ einst von dem russischen Schriftsteller Lew Kopelew für den von ihm sehr geschätzten Heinrich Böll geprägt worden sei, „fühle ich mich da gut aufgehoben“.

Das politische Lebenswerk von Joschka Fischer (Die Grünen) sieht Niedecken positiv. Fischer kenne er aus einer Zeit, als er „wirklich noch Turnschuhe trug, zu uns zum Soundcheck kam und auf AC/DC abfuhr“. Der Farbbeutelwurf gegen den für einen deutschen Kriegseinsatz redenden damaligen Außenminister auf dem Grünen-Parteitag 1999 habe ihm wehgetan. „Das ist für mich der Ausdruck absoluter Intoleranz.“ Er habe zu jenen gehört, „die es nach dem Massaker von Srebrenica höchste Zeit hielt, einzuschreiten, egal ob das mit dem Völkerrecht in Einklang stand oder nicht“. Es gäbe in Afrika „so viele Gelegenheiten, das Völkerrecht so hinzukriegen, dass man einschreiten kann. Und man tut es nicht.“ Niedecken: „Wenn man immer darauf wartet, wird es noch viele Srebrenicas geben.“ Ein Themenblock: Wie macht man im jugendfixierten Rock- und Popbereich anständig reife Musik und fügt dem Jugendwerk ein relevantes Spätwerk bei? Niedecken: „Meine alten großen Helden haben es alle geschafft.“ Zwischenfrage aus dem Auditorium: „Welche sind das?“ Niedecken: „Das hätte jetzt keiner gedacht, aber Bob Dylan finde ich relativ gut.“ Dazu kämen die Rolling Stones, speziell Keith Richards, Leonard Cohen, Neil Young. Auf den Hinweis, dass er Bruce Springsteen vergessen habe, sagte er: „Bruce ist meine eigene Generation. Mit dem unterhalte ich mich über unsere Helden.“ TAZ

BAP sind ab 24. November auf Deutschland-Tournee. Genaue Termine unter bap.de