Erfolgsmodell mit Verbesserungsbedarf

Eine Fachtagung würdigt die ersten fünf Jahre Kita-Gutscheinsystem. Träger ziehen positive Bilanz, fordern aber bessere Personalausstattung. CDU-Sozialsenator Dietrich Wersich will da nur „wenig Hoffnung machen“

Fünf Jahre ist es her, dass Hamburg in einem Großexperiment seine Kita-Finanzierung auf den Kopf stellte: Fortan wurden seine damals rund 800 Kitas nicht mehr über feste Pflegesätze finanziert, sondern über Gutscheine, die an Eltern ausgegeben wurden. Was als „Kita-Chaos“ begann – weil es zunächst viel zu wenig Geld und deshalb einen Gutscheinstopp gab – sei zur Erfolgsgeschichte geworden: Darin waren sich Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) und Hamburgs Kita-Träger am Ende einer Jubiläums-Tagung am Freitag einig.

„Insgesamt hat sich das System bewährt“, erklärten die Träger. Nach dem Chaos habe eine Konsolidierung und Ausbauphase eingesetzt. Standen 2003 noch rund 50.000 Plätze bereit, sind es im Jahr 2008 bereits über 59.000. „Es sind 130 neue Kitas entstanden“, sagte Senator Wersich. Der Etat sei von 287 Millionen auf 410 Millionen Euro gestiegen. Mit dem ab 2010 geplanten Rechtsanspruch für Zweijährige würden daraus gar 440 Millionen Euro. Das Modell habe bei den Kita-Trägern große Kräfte freigesetzt. „Nur so“, so Wersich, „war der rasante Ausbau zu schaffen.“

Das sehen Experten von außerhalb indes anders. Es sei legitim zu fragen, ob der Ausbau „trotz oder wegen des Gutscheinsystems“ entstand, sagte etwa Thomas Rauschenbach vom Deutschen Jugendinstitut in München. Hamburgs Senat habe schlicht mehr Geld ins System gesteckt und früher als der Bund neue Rechtsansprüche für berufstätige Eltern eingeführt. In der Wissenschaft beäugt man das Hamburger Experiment vielfach mit Skepsis. Ist doch nicht wegzureden, dass es eine Umverteilung von ärmeren zu wohlhabenderen Stadtteilen gab.

Rauschenbach zufolge steht dem Gutscheinsystem „die eigentliche Bewährungsprobe“ noch bevor. Erzieher bräuchten auch sichere Vollzeitstellen. „An dem Tag, an dem es keinen Ausbau mehr gibt“, so Rauschenbach, „wird ein Verdrängungswettbewerb einsetzen.“

Einen Dissens gibt es zwischen Senator und Trägern, die Anfang 2009 wieder turnusgemäß über neue Kita-Entgelte verhandeln, in der Frage der Personalschlüssel sowie der Ausstattung von Kitas in „sozialen Brennpunkten“: Weil dort viele Arbeitslose leben, bekommen die Kinder oft nur den Mindestplatz über vier oder fünf Stunden pro Tag. Die Gutscheine dafür sind mit einem geringen Erzieherschlüssel versehen. Auch SPD und Linkspartei fordern hier eine Art „Quartierszuschlag“, wie es ihn für Schulen mit niedrigem Sozialindex bereits gibt.

Außerdem reicht auch in den übrigen Kitas das Personal nicht aus. „Die Krippen sind in Hamburg schlechter ausgestattet als im Bundesschnitt“, mahnte Gaby Brasch von der Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege. Und Elimar Sturmhoebel vom Wohlfahrtsverband Soal zufolge braucht es 40 Prozent mehr Personal, um den Bildungsansprüchen gerecht zu werden.

Senator Wersich setzt auf die Verdoppelung von Eltern-Kind-Zentren, wo Mütter mit ihren Kindern für einige Stunden ein Angebot bekommen. Auf eine Verbesserung des Personalschlüssels dagegen mochte er „im Moment wenig Hoffnung machen“. KAIJA KUTTER