berliner szenen Survival of the fittest

Joggen im Winter

Fitness ist Trumpf. Der flexible Mensch treibt seinen Körper täglich an die Belastungsgrenze. Er verausgabt sich bei jedem Wetter, damit er den Anforderungen des Alltags gewachsen bleibt und weiter tief durchatmen kann. Am besten draußen. Noch ist die Berliner Luft in den Grünanlagen der Hauptstadt ja umsonst. Und im Volkspark Rehberge wird das alltägliche Joggen gar zum Abenteuer. Denn hier gibt es Hunde.

„Der tut nix!“, feixen die armeebehosten Herrchen dem besorgten Sportler regelmäßig entgegen. Ihre mörderischen Doggen, Pitbulls und Terrier tollen unangeleint und ohne Maulkorb über die Wiesen. Oft kann der Running Man, der den Jagdinstinkt der scharfen Bissmonster unweigerlich weckt, seine Haut oder andere wichtige Körperteile nur durch wilde Drohgebärden und lautes Geschrei retten: „Rufen Sie Ihre Töle sofort zurück!“

Die meisten Hundebesitzer reagieren jedoch auf derartige Beleidigungen ihrer „friedlichen“ Schützlinge, die auch noch das letzte Fleckchen Grün mit ihren gigantischen „Schappi“-Haufen bepflastern, mit Unverständnis. „Watt fällt Ihnen ein, meine süßen Prinzesschen so anzubrüllen?!“, echauffiert sich etwa jene flanierende Oma, deren wild gewordener Tross zähnefletschender Pinscher dem Läufer alltäglich an derselben Stelle vor die Füße springt.

Eine seiner Lieblingsvorstellungen ist es, hier einfach einmal rücksichtslos durchzulaufen, zum Endspurt anzusetzen. Das possierliche Knacken der streichholzdünnen Beinchen würde den Park dann hell durchschallen, und selbst die verschlafenen Eber im Wildschweingehege hätten endlich etwas zu lachen.

Doch es bleibt nur ein schöner Traum.

Und dann joggt er weiter, Richtung Plötzensee. JAN SÜSELBECK