Gaspreiserhöhung total illegal

EWE unterliegt auch vor dem Kartellgericht in Hannover: Die seit 2004 geltende Preisanpassungsklausel ist nichtig. 67 Kläger aus Aurich können nun Rückzahlungen einfordern, weil sie rechtzeitig Widerspruch eingelegt haben

Der Oldenburger Gasversorger EWE hat seit dem Jahre 2004 rechtswidrig die Gaspreise von „Sonderkunden“ erhöht, diese Position des Oberlandesgerichts Oldenburg hat nun auch das Landgericht Hannover als Kartellgericht für Niedersachsen bestätigt. Das teilten gestern die Anwälte Berghaus & Koll aus Aurich mit. Anwalt Jan Reshöft rät den Gas-Kunden der EWE, die Sonderkundenverträge haben, umgehend rechtliche Schritte einzuleiten. Begründung des Kartellgerichtes: Die im Jahre 2004 geltende Preisanpassungsklausel sei vollkommen undurchschaubar und verstoße daher gegen das Recht über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB-Recht) nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Die EWE habe schon aus diesem Grund „gegenüber der ganz überwiegenden Zahl ihrer Kunden überhaupt kein Recht zur Erhöhung der Preise“, so Reshöft.

Hinzu komme ein weiteres juristisches Problem. So habe der Oldenburger Versorger annähernd alle Abnehmer – sowohl private als auch gewerbliche – als so genannte „Sondervertragskunden“ eingestuft, um geringere Konzessionsabgaben an die Kommunen zu zahlen. Damit könne sich die EWE aber nicht auf das allenfalls für allgemeine Tarifkunden geltende Preisänderungsrecht berufen, das sich aus der Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) ergebe.

Der Auricher Anwalt vertritt in diesem Verfahren 67 Mandanten aus Ostfriesland. Nach dem Urteil aus Hannover müssen die Kläger die Gaspreiserhöhungen bis auf weiteres nicht zahlen. Die diesbezüglichen Rückforderungsansprüche belaufen sich laut Reshöft bisher auf durchschnittlich rund 1.300 Euro pro Mandant. Die möglichen Rückforderungsansprüche aller rund 600.000 EWE-Kunden in Norddeutschland bezifferte Reshöft auf mehr als 700 Millionen Euro.

Das Kartellgericht hat entschieden, dass es darauf ankommt, ob und wann die einzelnen Kläger den Preiserhöhungen der EWE widersprochen haben. Damit können Rückforderungsansprüche in jedem Fall von denjenigen geltend gemacht werden, die Preiserhöhungen in der Vergangenheit widersprochen haben. Außerdem, so der Anwalt, sollte jeder Kunde jetzt umgehend den Preiserhöhungen der EWE aus der Vergangenheit widersprechen und die kommende Jahresabrechnung nicht akzeptieren. Wenigstens in Hinblick auf die Preiserhöhungen der EWE zum 1. 4. und zum 1. 8. 2008, in Summe rund 30 Prozent, dürfte der Widerspruch noch möglich sein. KLAUS WOLSCHNER