Mr. Übermenschlich muss klein beigeben

Im Halbfinale der National Football League (NFL) endet abrupt die große Saison des Quarterbacks Peyton Manning. Seine Indianapolis Colts unterliegen den New England Patriots, die jetzt in der Super Bowl gegen Carolina spielen

BERLIN taz ■ Wenigstens den von seinem Vater, Quarterback bei den New Orleans Saints, ererbten Ruf des „One Round Wonder“ hat Peyton Manning in dieser Saison abgelegt. Ansonsten endeten aber auch die Play-offs des Jahres 2004 enttäuschend für den Quarterback der Indianapolis Colts. Mit nahezu makelloser Kunstfertigkeit hatte der zum besten Spieler der Saison gewählte Manning sein Team diesmal über die erste Runde hinaus ins Finale der American Football Conference (AFC) geführt. Dort musste er aber am Sonntag erleben, wie ihn die Abwehrbären der New England Patriots inmitten heftigen Schneetreibens gnadenlos demontierten. Mit 24:14 gewann die Mannschaft aus Boston und trifft nun am 1. Februar bei der Super Bowl in Houston auf die Carolina Panthers, die überraschend mit 14:3 bei den Philadelphia Eagles siegten.

Der Hype um Peyton Manning war vor dem Match gigantisch gewesen, angesichts der großartigen Saison, die der 27-Jährige hinter sich hatte. So gigantisch, dass es den Patriots gehörig auf die Nerven ging, zumal die Elogen für den Colts-Quarterback fast schon beleidigend für ihren eigenen Mann waren: Tom Brady, der sein Team nun im dritten Jahr als Stammquarterback zum zweitenmal zur Super Bowl führte. „Immer nur ging es um Mr. Übermenschlich. Das hatten wir satt“, sagte Safety Rodney Harrison nach dem Sieg. „Er ist ein großartiger Quarterback, trotzdem wollten wir da ein bisschen für Ruhe sorgen“, ergänzte Kollege Ty Law. Der Cornerback hatte sich drei, Harrison einen von Mannings Pässen geschnappt, der in den letzten beiden Partien ohne Interception geblieben war.

Gegen die fein justierte Angriffsmaschinerie der Colts hatten die Patriots eine spezielle Taktik parat. „Die simpelste“, erläuterte Ty Law, „wir wollten sie einfach vermöbeln.“ Gegen Schnelligkeit gebe es eben nur ein Mittel: „Kraft.“ Linebacker Tedy Bruschi scheute nicht einmal den Vergleich mit Schach, der gern für das durchdachte, präzise Spiel von Mannings Team bemüht wird. „Schach gilt ja als raffinierte Sache, für uns geht es dabei eher um Haut-sie-um-, Macht-sie-platt-Roboter.“ Als solches Vorgehen im Training geübt wurde, bekam selbst Tom Brady Muffensausen, der diese Einheit aus sicherer Entfernung als Zuschauer erleben durfte. „Ich dachte: Oh Gott, bin ich froh, dass ich hier nicht den Quarterback spielen muss.“ Manning musste. Viermal wurde er von den Kolossen der Pats überrumpelt, drei seiner Interceptions warf er, als er auf panischer Flucht vor ihnen war.

Die Weichen waren früh gestellt. Gleich beim ersten Ballbesitz überließ New Englands Coach Bill Belichick seinem Quarterback die Entscheidung, ob er statt eines Punts in der eigenen Hälfte riskieren wollte, im vierten Versuch den fehlenden Yard zum ersten Down zu holen. Brady zögerte keinen Moment, erlief selbst zwei Yards und sorgte kurz darauf mit einem Pass für den ersehnten Touchdown. Das sah spielend leicht aus, dennoch sollte es der einzige für die Patriots bleiben. Die restlichen Punkte resultierten allesamt aus Field Goals von Adam Vinatieri.

Mannings erster Spielzug endete in aussichtsreicher Situation mit Harrisons Interception, und damit war der Tenor des Matchs vorgegeben. Während die Patriots vor allem die Receiver der Colts erschreckten, einschüchterten und malträtierten, wo immer sie ihrer habhaft wurden, verzagte Manning zusehends. „Ich habe ein paar schlechte Würfe gemacht, ein paar schlechte Entscheidungen getroffen“, übte der Quarterback anschließend Selbstkritik.

Der Triumphator des Tages hieß eindeutig Tom Brady, von dem Ty Law sagt: „Mit allem Respekt für Steve McNair, Peyton Manning und so viele andere große Quarterbacks, die heute spielen, ich möchte mit Tom Brady da rausgehen. Gewinnen ist schließlich die Trumpfkarte des Ganzen.“ 14 Partien in Folge haben die New England Patriots nun gewonnen, die wichtigste folgt am 1. Februar, wenn in Houston die Defensivkünstler aus New England den Defensivkünstlern aus Carolina gegenüberstehen. Mit nur 24 Jahren könnte Tom Brady dann seine zweite Super Bowl gewinnen. „14 Siege in Folge sind großartig“, meint er denn auch, „aber wenn Nummer 15 fehlt, ist alles andere nichts wert.“ MATTI LIESKE