Unis drohen Senat mit Klage

Hochschulpräsidenten: Kürzung im Nachtragshaushalt nicht akzeptabel und klarer Vertragsbruch. Renommierter Staatsrechtler empfiehlt Gang vor Gericht. Entscheidung binnen einer Woche

von STEFAN ALBERTI
und IMKE ROSEBROCK

Das Schreiben kam per Bote, unter dem Briefkopf der drei großen Hochschulen und macht sich wie ein Fehdehandschuh: Mit einer Klage wollen die Präsidenten von Freier, Humboldt-und Technischer Universität Kürzungen verhindern, die der vom Senat vorgelegte Nachtragshaushalt vorsieht. „Gegen diese Art des Eingriffs in die Hochschulverträge werden wir den Rechtsweg beschreiten“, schreiben sie an Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS). Der renommierte HU-Staatsrechtler Hans Meyer ermuntert zur Klage. In einer Woche soll sich endgültig klären, ob es dazu kommt.

Grundsätzlich ist der jährliche Zuschuss an die Hochschulen in den noch bis Ende 2005 laufenden Verträgen festgelegt. Der rot-rote Senat aber will davon im Nachtragshaushalt bis zu 11,5 Millionen Euro als „Abschöpfung von Tarif- und Besoldungsanpassung“ kürzen. Diese Summe hatten die Unis für eine 1,5-prozentige Tariferhöhung vorgehalten. Die aber geht bislang an Berlin vorbeigeht, weil die Hochschulen gleich dem Land aus den Tarifbindungen ausgestiegen sind. Die Logik des Senats: Da die Erhöhung nicht kam, brauchten die Unis die Summe nicht.

Das sei nicht der Sinn der Verträge, sagte FU-Präsident Peter Gaethgens der taz. Bei höheren Abschlüssen über 1,5 Prozent hätten stets die ohnehin unterfinanzierten Hochschulen zuschießen müssen, das aber akzeptiert und keinen Nachschlag gefordert. „Jetzt aber, da das Land das Risiko tragen muss, steigt es aus.“

Auch für Staatsrechtler Meyer wäre eine Kürzung ein Unding: „Ich halte das angekündigte Vorgehen für einen eindeutigen Vertragsbruch.“ Laut Gaethgens prüft derzeit zudem die Kanzlei des früheren Verfassungsgerichtschefs Klaus Finkelnburg die Chancen für eine Klage. Bei Flierl als Adressat gibt man sich gelassen. Sein Sprecher geht nicht davon aus, dass die Unis tatsächlich vor Gericht gehen.

Kommt es aber dazu, steht die für den 10. April angesetzte Parlamentsentscheidung über Nachtragshaushalt und Kürzungen unter Vorbehalt. Im Wissenschaftsausschuss nickten SPD und PDS den Entwurf bereits gestern gegen CDU, FDP und Grüne ab. „Verträge nicht brechen“, forderte die Union vergeblich per Antrag. Die Grünen wollten Änderungen nur mit dem Okay der Unis zulassen. Die aber machen in ihrem Brief klar, dass es kein Einverständnis gibt, und widersprechen einer anders lautenden Darstellung Flierls. Als wenig wirksam betrachtet die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Paus, eine von SPD und PDS eingebrachte Fußnote zum Etatentwurf. Darin heißt es sinngemäß, die jetzigen Kürzungen würden auf zukünftige Hochschulverträge aufgeschlagen. „Das funktioniert doch nicht“, sagte Paus: Da werde vielleicht aufgestockt, aber vorher die Basis abgesenkt, so dass der Senat am Ende doch nicht mehr zahle. PDS-Ausschussmitglied Benjamin Hoff tat ihre Kritik als Schwarzweißmalerei ab.

Eine Klage der Unis wäre bisheriger Höhepunkt einer heftigen Debatte um die Hochschulfinanzierung, in der etwa der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) laut über Studiengebühren nachdenkt. Über die jetzigen Kürzungen hinaus hat Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) weitere tiefe Einschnitte bei neuen, seit Januar verhandelten Hochschulverträgen für die Zeit nach 2005 angekündigt. 200 Millionen weniger jährlich sollen die Hochschulen bekommen. Das entspricht dem jetzigen Landeszuschuss an die HU, ausgenommen die medizinische Fakultät. FU-Präsident Gaethgens hatte dieser Plan schon im Februar konsterniert: „Dann muss man eine Uni dichtmachen.“