„Auch unsere Produkte werden verunreinigt“

Simon Barber, Direktor des Europäischen Gentech-Verbandes, begrüßt das Papier der EU-Kommission und erwartet eine schnelle Umsetzung

taz: Herr Barber, wie steht Ihr Verband zum Positionspapier der EU-Kommission über den Anbau von traditionellen, biologischen und genveränderten Pflanzen?

Simon Barber: Das Papier sagt ganz deutlich: Verschmutzung ist keine Einbahnstraße. In der Öffentlichkeit wird vor allem wahrgenommen, dass traditionelle Produkte, die mit Gentech-Pflanzen in Kontakt kamen, an Wert verlieren. Aber auch hochwertige Gentech-Produkte, die durch Einkreuzung konventioneller Pflanzen verunreinigt werden, lassen sich nicht mehr verkaufen.

Die Verbraucher machen in Meinungsumfragen sehr deutlich, dass sie keine genveränderten Produkte wollen. Deshalb liegt derzeit der Schaden doch wohl eher auf Seiten der konventionellen und der Ökobauern und nicht bei der Biotech-Industrie.

Fast fünfzig Prozent der Befragten sagen, sie würden sehr wohl genveränderte Produkte kaufen, wenn sie ordentlich beschriftet sind. Und das sieht die EU-Gesetzgebung ja vor. Ich persönlich würde mir allerdings eine weniger vollständige Beschriftung wünschen. Ich bin allergisch gegen Milchprodukte und finde es sehr schwer, auf den überfrachteten Etiketten überhaupt noch etwas zu entziffern.

Finden Sie es denn richtig, dass der einzelne Bauer dafür Sorge tragen muss, dass er den gesetzlichen Grenzwert einhalten kann, obwohl sein Nachbar Genfood anbaut?

Das wird doch heute auch schon so gehandhabt. Produzenten von Spezialmais müssen selbst dafür sorgen, dass ihnen kein Samen von Futtermais aufs Feld fliegt. Umweltverbände wollen die Bedingungen für den Anbau von Genpflanzen so restriktiv ausgestalten, dass er praktisch unmöglich wird. Damit verhindern sie, dass wir Sorten anbauen können, die enorm viel Energie sparen helfen und die biologische Vielfalt mittelfristig wieder herstellen, weil viel weniger Pestizide gebraucht werden.

Wie wird es denn nun mit dem De-facto-Moratorium weitergehen, das einige Mitgliedstaaten seit 1998 aufrecht halten?

Wir erwarten, dass die europäischen Gesetze von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Das ist bisher nicht geschehen. Wenn Produkte die vorgeschriebene komplexe Genehmigungsprozedur durchlaufen haben und als unbedenklich eingestuft sind, dann müssen wir auch die Möglichkeit bekommen, sie auf den Markt zu bringen.INTERVIEW: DANIELA WEINGÄRTNER