Fischler durchkreuzt Künasts Gesetzespläne

Setzt sich die EU-Kommission durch, kann die Ministerin künftig den Zugang zu unmanipulierten Produkten nicht mehr garantieren

BERLIN taz ■ „Ich führe angesichts der Fakten keine Ja-nein-Debatte in der Gentechnik“, betont Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) gerne. Schließlich habe die Gentechnik die deutschen Läden längst erreicht, etwa beim Gerinnungsenzym Lab im Käse, Lecithin in Schokolade oder Maisstärke im Pudding. Die grüne Gentechnik sei nicht aufzuhalten, so Künast gestern zur taz. Dennoch müssten Verbraucher und Landwirte auch künftig zwischen genfreien und Genprodukten wählen können.

Setzt EU-Kommissar Franz Fischler seine Pläne um, wird Künast das nicht mehr garantieren können. Danach soll für Schutz gegen Genpollen und Auskreuzungen zahlen, wer gentechfrei produzieren und – weil höherwertig im Produkt – mehr verdienen will.

„Denen, die künftig ohne Biotech produzieren wollen, dürfen auf keinen Fall neue Kosten entstehen“, hatte Künast dagegen am Wochenende noch gewarnt. Da kannte sie aber Fischlers Pläne noch nicht. Die durchkreuzen nun aber selbst das, was Renate Künast in Deutschland zum Standard erheben wollte: Ein neues Gentechnikgesetz soll strikte Kriterien für den Anbau von Genpflanzen festlegen. Darin soll etwa festlegt werden, dass ein Standortregister geführt und der Genacker genau beobachtet werden muss. Außerdem sollen Schutzgebiete ausgewiesen werden, in denen kein Genmais, -raps oder -weizen angebaut werden darf. Künast will die Vorlage im Mai ins Kabinett einbringen. Dem stellt sich Fischler jetzt mit seinen Plänen in den Weg. Begründung: Ein solches Gesetz schränke die grundsätzliche Freiheit ein. Künast: „Da macht er es sich zu einfach.“

Egal ob Schutzzonen kommen oder nicht, die Frage der Haftung bleibt: Was, wenn sich fremde Genpollen auf dem eigenen Acker ausbreiten? Thomas Dosch vom Bund der ökologischen Lebensmittelwirtschaft fordert einen Haftungsfonds, in den entweder die Saatgutproduzenten wie Monsanto, Syngenta oder Bayer einzahlen. Denkbar sei auch, dass Bauern, die Genmais anbauen, eine Abgabe zahlen müssten.

Unklar ist auch, wer zahlt, wenn Verbraucher Allergien gegen Genprodukte entwickeln. Bisher sind solche Schäden selbst in den USA noch nicht bekannt geworden, wo seit langem Genpflanzen angebaut werden. Dort wandert der überwiegende Teil der Produkte bisher in die Futtertröge von Schweinen und Hühnern.

Anders könnte das werden, wenn Genweizen angebaut und zu Brot verarbeitet wird. „Wir erwarten einen großen Schwung an Allergien, die Folgen sind noch gar nicht absehbar“, sagt Jutta Jaksche, Referentin für Agrarpolitik beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Und auch die meisten Bauern lehnen Genfood offenbar ab: Nach einer repräsentativen Umfrage von Greenpeace im Jahr 2002 wollen 70 Prozent aller deutschen Landwirte keine Genpflanzen auf ihren Äckern.HANNA GERSMANN