Harmonie in rot

Die Linkspartei wählte sich am Wochenende auf ihrem Parteitag mit knappen Mehrheiten einen neuen Landesvorstand und übte sich ansonsten in inhaltlicher Geschlossenheit

VON JAN ZIER

Ein sozialistisches Ergebnis sieht anders aus: Mit nur knappen absoluten Mehrheiten wählte der Landesparteitag der Linken am Wochenende Cornelia Barth und Christoph Spehr zu seinen neuen LandessprecherInnen. Bei den inhaltlichen Debatten gab es indes weniger Dissens: Gegen den Leitantrag votierte nur ein einziger der mehr als 70 Delegierten, und die Generaldebatte über die Arbeit des alten Landesvorstandes offenbarte wenig öffentliche Kontroversen. Auch wenn immer wieder kritisiert wurde, die Linke sei zu einer „rein parlamentarischen Partei“ geworden, ohne starke außerparlamentarische Bewegungen und Initiativen.

Cornelia Barth, die bereits seit 2006 im Landesvorstand sitzt, setzte sich bei ihrer Wiederwahl in einer Kampfabstimmung mit 39 zu 32 Stimmen gegen das ehemalige DKP-Mitglied Eva Böller durch, die vor allem in der Friedensbewegung verankert ist. Christoph Spehr – der den eher farblosen Finanzbeamten Michael Lassowski mit 39 zu 30 Stimmen besiegte – folgt jetzt Axel Troost nach, der für die Linkspartei im Bundesvorstand sowie im Bundestag sitzt. Er ließ sich nicht wieder für den Landesvorsitz aufstellen.

Vor gut einem Jahr war Spehr noch als Geschäftsführer der Linksfraktion in der Bürgerschaft geschasst worden – und ist seitdem dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt. Anders als einige an der Basis sieht der 45-Jährige seine Doppelfunktion als Fraktionsmitarbeiter und Parteichef jedoch als „unproblematisch“ an. Er befürchte diesbezüglich „keine Konflikte“, sagte er den Delegierten. Er kommt wie Barth ursprünglich aus der PDS, während Troost Gründungsmitglied der WASG war. Einer der Delegierten redete sogar der „systematischen Ausgrenzung“ ehemaliger WASG-Mitglieder das Wort. Derzeit hat die Linkspartei in Bremen knapp 500 Mitglieder – Tendenz steigend. Nur etwas mehr als ein Viertel davon sind Frauen. Und „nicht wenige“ Parteigänger, so die Finanzverantwortlichen, „zahlen gar kein Beiträge“.

In ihrem Leitantrag – der ausdrücklich darauf verzichtet, die Verstaatlichung von Banken zu fordern, und der auch die Frage möglicher Regierungsbeteiligungen der Linken offen lässt – werfen die Linken der rot-grünen Regierung vor, „im Kern die Politik der großen Koalition fortzusetzen“. Die „Selbstverpflichtung“ auf immer weitere Leistungskürzungen hätten SPD und Grüne übernommen. Das System der Kinder- und Jugendhilfe sei „am Ende“, das Sozialticket für Hartz IV-EmpfängerInnen noch nicht realisiert, die öffentlichen Kliniken würden „abgewickelt“, die veraltete Tradition der „Klassenschule“ erhalten, heißt es in dem Papier. Seit Amtsantritt sei in Bremen „fast nichts passiert“, so Spehr. Zugleich mahnte Troost von seiner Partei mehr Engagement in der Umweltpolitik an. Und die Basis mehr innerparteiliche Demokratie von ihrer Führung.

Beigelegt ist unterdessen der monatelange Arbeitsrechtsstreit der Bremer Linksfraktion mit ihrem ehemaligen Geschäftsführer Manfred Steglich. Vergangene Woche einigten sich beide Seiten auf einen Vergleich – „im gegenseitigen Einvernehmen“, wie es heißt. „Damit ist etwas beendet, was so nicht hätte sein sollen“, sagte Fraktionschef Peter Erlanson den Delegierten. Mehr wollten beide Seiten dazu offiziell nicht sagen. Steglich, dem stalkingähnliches Verhalten vorgeworfen wurde, arbeitet inzwischen als Fraktionsmitarbeiter in der Hamburgischen Bürgerschaft. Eine offizielle Entschuldigung seitens der Fraktionsspitze blieb aus – jedoch räumte Fraktionschef Erlanson Fehler ein.