Üble Diffamierung von Pazifisten

Betr.: „Giordano und die Folgen“, taz bremen vom 04.03.03

Ich war 15 Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging und weiß seitdem, aus eigener leidvoller Erfahrung, welch ein Horror Krieg und Vertreibung ist. In der Mehrzahl sind unschuldige Menschen die Opfer der Kriege. Mir bleibt deshalb unverständlich, wie Sie, Herr Giordano, nach Ihren Erfahrungen von „gerechten“ Kriegen sprechen können. Nicht nur Hitler kam doch vor allem durch die massive Unterstützung der deutschen Großindustrie und Banken zur Macht. Wie dabei sogar US-Konzerne beteiligt waren, machte die Dokumentation „Die amerikanischen Freunde Hitlers“ in der ARD noch vor vier Wochen publik. Auch heute sind Kriege kein Schicksal, sondern werden systematisch von Interessengruppen vorbereitet. Mittlerweile weiß jeder halbwegs Informierte, dass sowohl die Taliban, einschließlich Bin Laden, als auch Saddam Hussein Zöglinge der USA waren, für deren Beseitigung tausende Zivilisten schon sterben mussten und noch sterben sollen. Auch die Vorgeschichte und Lügen des Jugoslawienkrieges werden mehr und mehr bekannt. Die UCK, die Taliban, Saddam Hussein und viele andere Gewalttäter waren Schützlinge und Partner der USA und auch der EU, aber nicht der Friedensbewegung.

Erstaunlich ist darum immer wieder, wofür Pazifisten alles verantwortlich sein sollen, als wären sie die Waffenhändler oder deren Zuhälter. Die Verdrehung dieser Tatsachen ist eine üble Diffamierung aller friedensbemühter Menschen. Ein „Anwalt der Menschlichkeit“ sollte vor allem das Zusammenspiel der destruktiven Kräfte in unserer Welt beleuchten und eindämmen helfen. Es ist auch nicht der „Pazifismus, der in einer nichtpazifistischen Welt zur Zementierung von Gewaltherrschaft führt“, sondern die Lehre vom gerechten Krieg, die immer neue und größere Gewalt legitimiert. Diese Grundgesinnung findet zu ihrer Realisierung auch immer entsprechende „Führer“. Krieg ist ein Rückfall in kollektive Barbarei, der im High-Tech-Zeitalter unkontrollierbar wird. Auch für Sie gilt, was Sie anderen anraten: „überleg es dir noch einmal“ ...

Werner Kuhn, Bündnis für Zukunft, Ladbergen