Schätze für alle!

Das Focke wird mehr denn je ein Ort des Staunens und Stöberns sein. Das geniale Konzept des Magazins lockt mit lustig sortierten Objekt-Massen

„Entdecke“, „erlebe“, „erinnere“: Selten sind Imperative so menschenfreudlich gemeint, wie in der aktuellen Werbeaktion des Focke-Museums für sein neues Magazin.

Seit der kriegsbedingten Auslagerung der Bestände war ein Großteil des Inventars auf einer (sehr verschleißenden) Lagerungs-Odyssee. Nun ist alles in Schwachhausen angekommen. 10.000 der weit über eine Million Objekte werden ab Sonntag durch das „Schaumagazin“ öffentlich zugänglich. Damit diese schiere Masse die Besucher nicht erschlägt, hat sich das Focke-Team ein kreatives Ordnungssystem ausgedacht: Die Exponate sind 24 Buchstaben zugeordnet, die wiederum für Sammlungs-Themen stehen – von „A“ wie „Anfangen“ bis „Z“ wie „Zu Grabe tragen“. Objekte aus vier Jahrtausenden werden so in assoziative Bezüge gesetzt.

Bei „E“ („Erfinden“) etwa lagern Apparaturen der Bremer Silberwaren-Manufaktur, der Weltraumforschung – und eine unscheinbare Kaffeekanne, die 1912 als patentwürdig anerkannt wurde, da sie durch ein ausgeklügeltes Fangrinnensystem Tropfenfreiheit garantierte. Nebenan, bei „F“eiern, kann man etliche der „Tanzkarten“ bewundern, auf denen die Damen der Bremer Vergangenheit zu vermerken hatten, mit welchen Partnern sie eine Festlichkeit im „Walzer“ oder „Galopp“ verbrachten.

Die Besucher haben die Wahl zwischen dem puren sinnlichen Erlebnis der Objektfülle – ungetrübt von „musealisierenden“ Erklärungstäfelchen – und dem Gang zu einer der neun Computer-Touchscreens. Dort gibt man die Objektnummer ein und hat prompt alle Informationen, manchmal auch Querverweise auf andere Objekte, oder sogar ein Videofilmchen. 280 Exponate werden auch von einem Audio-Führer (einem Lauschknochen) erklärt. Der schmettert einem dann ein beherztes „Wenn bei Capri ...“ in’s Ohr, um die Funktionsweise der ersten Transistor-Radios zu demonstrieren, anschließend – Kontext, komm schon – erfährt man: „Besonders Jugendkulturen wurden durch die Möglichkeit geprägt, Musik im Freien zu hören.“

Etliches lädt auch zum Selbstprobieren ein: Man kann mit der alten Märklinbahn spielen, sich auf einer Sackwaage wiegen oder das mechanische Klavier aus einer Lesumer Kneipe in Betrieb setzen. Ab dem 23. März gibt es die Möglichkeit, ausgewählten Gegenständen noch näher an die Substanz zu rücken. Unter dem Motto „Bitte berühren“ will „Fockes Labor“ ganze Familien zur „forschenden Arbeit am Original“ animieren – mit Mikroskop, Waage und Handbohrer (!).

Besuchermangel ist angesichts solcher Angebote nicht zu erwarten. Gegenüber dem Schaumagazin des Übersee-Museums verfügt der Focke-Kubus einen weiteren entscheidenden Vorteil: Zwei gläserne Gänge verbinden ihn mit dem Haupthaus, machen den Besuch also leicht. Dem „Übermaxx“ hingegen ist immer noch keine Brücke beschert (ist durch die Entscheidung, dass Radio Bremen doch nicht rechts und links der Faulenstraße baut, nicht gerade eine frei geworden?) – so dass dessen ebenfalls faszinierende, allerdings schlicht schematisch geordnete Sammlung nur über das CinemaxX zugänglich ist.

Der Focke-Bau hat vier Millionen Euro gekostet, die Einrichtung 1,5 Millionen: Hervorragend, großartig angelegtes Geld.

Henning Bleyl

Erster Einlass: So, 11.30 Uhr (freier Eintritt). „Eröffnungswochen“ bis 9.4. mit Führungen, Vorträgen und Gewinnspiel (www.bremen.de/info/focke)