Großer Besen für Weltkulturerbe

Die Kohlebrache Zeche Zollverein sucht nach ihrer wirtschaftlichen Zukunft. Ein Wettbewerb hat gezeigt, was das Weltkulturerbe braucht: Eine neue Organisationsstruktur und Landesbürgschaften

„Die prämierten Buisiness-Pläne führen Zollverein ganz nah an die Wirtschaftlichkeit“ Wolfgang Roters

VON PETER ORTMANN

Die Entwicklungsgesellschaft Zollverein sucht nach einer finanzierbaren Zukunft für die riesige Kohlebrache mit Bauhaus-Architektur im Essener Norden. Nur ein international bedeutender Designerstandort mit Mischgewerbegebiet kann das Weltkulturerbe langfristig sichern. Ein hochdotierter internationalerBusinessplan-Wettbewerb sollte dazu Ideen entwickeln. Die Siegerteams von den Universitäten Toronto, Barcelona und St. Gallen fanden zwar nicht den innovativen Stein der Weisen, dafür eine alte Finanzierungsidee – Landesbürgschaften.

In Abwesenheit von NRW-Bauminister Michael Vesper (Grüne), der lieber nach Berlin reiste, wurden gestern vom Initiativkreis Ruhrgebiet die umfangreichen Konzepte der internationalen Studententeams auf Zollverein vorgestellt. „Es gibt zu viele Akteure auf dem Gelände“, sagt Pia V. Cerba von der Esada Business School in Barcelona. Die angehende Managerin bezeichnet damit das wichtigste Kernproblem, das die Entwicklung des Standortes seit Jahren hemmt. Schnelles Handeln sei wichtig, denn alle eingereichten Konzepte aus der ganzen Welt kämen zum selben Ergebnis. „Noch in diesem Frühjahr soll die neue Organisation mit klaren Kompetenzen stehen“, sagt Wolfgang Roters, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft Zollverein (EGZ). Er steht seit Wochen öffentlich unter Beschuß, weil Zeitpläne auf dem Gelände angeblicherweise nicht eingehalten werden können und sich diverse Essener Local-Player den Zugriff auf die wirtschaftliche Entwicklung des Geländes sichern sichern wollen.

Auch bei der Prognose für die Zukunft sind sich die Studenten einig. Ohne ein internationales Zentrum für Design hat der Standort keine Chance. Deshalb soll die Marke „Made in Zollverein“ entwickelt werden. Damit würden dann angesehene Designer aus der ganzen Welt angelockt, die Entwicklung weiter vorangetrieben. „Aber es gibt zu wenig finanzielle Ressourcen“, sagt Cerba. Die EU-Mittel würden für die neuen Großbauten verbraucht. Was übrig bliebe, müsse focussiert werden. Noch weiter geht die Finanzexpertin im Team der Universität St. Gallen. „Für Private ist eine Investition auf Zollverein ein großes Risiko“, sagt sie, weil nach 2006 keine öffentlichen Mittel mehr zu erwarten seien. Deshalb sollte das private Engagement auf dem Weltkulturerbe zumindest von Landesbürgschaften abgesichert werden. Nur damit könne der Punkt erreicht werden, an dem sich Zollverein einigermaßen wirtschaftlich trägt. Drei Zielgruppen werden dafür anvisiert. Die Locals, gemeint sind die Essener Bürger aus dem Umfeld, die abends mal eben ein Bier trinken kommen, die One Overnight Stayer, zum Beispiel japanische Fachbesucher auf europäischer Industrietourismus-Tour und die deutschen NRW-Touristen, die das Highlight als kulturelles Ausflugsziel im Jahresurlaub buchen. Dafür soll auch das RuhrMuseum eine neue Identität bekommen. „Da wollen wir High Profile Attraction“, nennt das der kolumbianische Manageraspirant Andres Leguizamon von der Arbeitsgruppe an der Joseph L. Rotman School of Management in Toronto, die einen der beiden ersten Preise gewonnen hat.

Auch sie haben ein Mischkonzept aus Design- Weltmesse, -School und Buisiness-Center entwickelt. Die Ideen dazu waren schon vor dem Wettbewerb vorhanden. Deshalb wird Eckhard Albrecht, Geschäftsführer des Inititiativkreises Ruhrgebiet bei der Frage unruhig, was denn neu sei an den Jungmanager-Ideen. „Gewonnen haben die, die in die Breite gehen“, stammelt er.