Der Tod kostet nur 10 Dollar

600 Millionen Kleinwaffen sind weltweit im Umlauf. Opfer und Täter sind häufig Kinder. Wie man Gewehre und Pistolen wirkungsvoll aus dem Verkehr zieht, zeigt eine Ausstellung im Paul-Löbe-Haus

VON TORBEN TRUPKE

Die Puppe lacht. Das kleine Mädchen hat sie über seinen rechten Arm gestülpt und spielt damit Kasperletheater. Aber das Stück ist nicht lustig. Es erzählt von den schrecklichen Dingen, die im Bürgerkrieg auf dem Balkan geschehen sind.

Das Foto mit dem Mädchen gehört zur Ausstellung „Kleinwaffen – eine weltweite Bedrohung“, die zurzeit im Paul-Löbe-Haus neben dem Reichstag zu sehen ist. Es entstand in einer Schule in Sarajevo, wo Kinder in einem Unicef-Projekt durch Malen, Schreiben und Schauspielern versuchen, ihre Kriegserlebnisse zu verarbeiten.

Regionale Konflikte wie der in Exjugoslawien werden größtenteils mit Kleinwaffen – wie Maschinengewehren oder Pistolen – ausgetragen. Und die Opfer dieser Konflikte sind meistens Kinder. Sie stehen deshalb auch im Mittelpunkt der von Unicef und dem Internationalen Konversionszentrum Bonn (BICC) konzipierten Ausstellung.

Der Ort für die Schau ist gut gewählt. Kein Fenster verleitet den Besucher dazu, sich ablenken zu lassen. Die nackten Betonwände lassen die 30 Info-Tafeln richtig ins Auge springen. Unglaubliche Zahlen sind darauf zu lesen: Fast 600 Millionen Kleinwaffen, so der Text, sind weltweit in Umlauf. Wer sich eine besorgen will, muss dafür nicht einmal viel bezahlen: In Afghanistan gibt es gebrauchte Kalaschnikows auf dem Schwarzmarkt schon für schlappe 10 US-Dollar.

In der Mitte des Ausstellungsraumes schildern Plakatständer das Schicksal von Kindersoldaten. Erzählt wird zum Beispiel die Geschichte eines 13-jährigen Jungen aus Sierra Leone. Vor drei Jahren wurde er morgens auf dem Schulweg von Rebellen entführt. Sie zwangen ihn, Bewohner seines Dorfes zu erschießen und für sie im Bürgerkrieg zu kämpfen. Der Junge, den die Milizionäre einfach „M. G.“ – Machine Gun – nannten, ist einer von weltweit mehr als 300.000 Jugendlichen unter (Klein-)Waffen.

Ein anderes Plakat zeigt Zeichnungen von ehemaligen Kindersoldaten aus Uganda, die sie in einem Programm zur Traumabewältigung gemalt haben. Auf den Bildern flüchten Menschen aus brennenden Dörfern, pflastern Leichen die Wege.

Bei allem Leid und Schrecken hat die Schau aber auch gute Nachrichten zu vermelden. So betreiben mehrere Initiativen in unterschiedlichen Ländern so genannte Tauschprogramme. Wer seine Waffen abliefert, bekommt dafür beispielsweise von einer Unternehmerinitiative in San Salvador Spielzeug oder Kinokarten. Die „Christian Church of Mozambique“ wiederum lockt die Waffenbesitzer mit Fahrrädern und Dachmaterial für ihre Häuser. Aus den abgelieferten Schießprügeln entstehen dann in lokalen Projekten Kunstwerke. Zum Beispiel der kniende Mann mit Irokesenfrisur – gebastelt aus einer Kalaschnikow. Ihn und vier weitere Skulpturen kann man noch bis zum 3. Februar im Paul-Löbe-Haus besichtigen. TORBEN TRUPKE