DIE ROT-GRÜNE STEUERREFORM IST FALSCH – EGAL, WANN SIE KOMMT
: Ungerecht und wirtschaftlich sinnlos

Es ist vollbracht. Durch die intensive Beschwörung aller möglichen Missstände glauben nun viele daran, dass Deutschland in der tiefsten Krise seit Menschengedenken steckt – eine günstige Gelegenheit, unausgegorene Rezepte aus dem Hut zu zaubern. Eins davon ist die Zusammenlegung der beiden geplanten Stufen der Steuerreform 2004 und 2005 zu Beginn kommenden Jahres.

Bei den Grünen bedenkt man diese Idee, aus der Union sind wohlwollende Stimmen zu hören. In Hinblick auf die notwendige Mehrheit der christdemokratisch regierten Länder im Bundesrat ist das nicht unerheblich. So wird nun im Bundeskanzleramt und Bundesfinanzministerium heftig hin- und hergeprüft. Aber wäre die Zusammenlegung sinnvoll? Die Reduzierung des Spitzensteuersatzes von heute 48,5 auf 42 Prozent ist vor dem Hintergrund ohnehin schärferer sozialer Unterschiede nicht nur ungerecht, sondern volkswirtschaftlich fragwürdig. Wer die Nachfrage erhöhen, damit Wachstum und neue Arbeitsplätze fördern will, sollte die Steuererleichterungen gezielt denjenigen zukommen lassen, die wenig Geld im Portmonee haben. Denn die unteren Einkommensschichten geben von zusätzlichem Einkommen prozentual mehr aus als Wohlhabende. Weil Steuererleichterungen im unteren Bereich einen positiveren Effekt auf die Wirtschaft entfalten können, sollte die Regierung ihre Steuerreform darauf zuschneiden.

Wenn hingegen der Staat den Wohlhabenden zusätzliche Steuergeschenke machte, würde er seine Handlungsfähigkeit weiter beschneiden und damit auch Bedürfnisse ignorieren, die sich tatsächlich und zudem sehr schnell in Nachfrage ummünzen ließen. Viele Städte können heute die notwendigsten Instandhaltungen an ihrer Infrastruktur wie Straßen, Brücken und Wasserleitungen nicht mehr bezahlen. Steuermilliarden für solche Zwecke zu verwenden erscheint allemal sinnvoller, als Spitzenverdiener zu entlasten. Dies gilt im Übrigen nicht nur für eine zusammengelegte Steuerreform im Januar 2004, sondern auch für die Realisierung nach bisherigem Zeitplan. HANNES KOCH