Kampf dem Schokoriegel

Verbraucherministerin Künast will einen Fonds gründen zur Aufklärung über Fettleibigkeit bei Kindern. Schokofirmen sollen einzahlen. Protest von der Wirtschaft

BERLIN taz ■ Wer Kinder umwirbt, in süße Riegel zu beißen, soll für ihre Aufklärung zahlen. Diese Idee äußerte am Montagabend Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) – zur Freude der Verbraucherschützer und zum Ärger der Industrie. Das Ministerium erwägt, einen Fonds zu gründen, in den auch Firmen einzahlen, die Kindersnacks herstellen. Mit den Geldern möchte Künast Kampagnen finanzieren, die Eltern und Kinder aufklären, warum dicke Menschen schnell kranke Menschen sind.

Wie dringend Deutschland einen Gesinnungswandel braucht, zeigt die Statistik: Jedes fünfte Kind und jeder dritte Jugendliche hierzulande wiegt mehr, als seiner Gesundheit gut tut – Tendenz steigend. Je geringer Einkommen und Bildungsstand der Eltern, umso wahrscheinlicher ist es, dass das Kind unter überzähligen Kilos ächzt. Auch wegen dieses Zusammenhangs liebäugelt Künast mit einer Aufklärungskampagne, die sich selbst finanziell auszahlen dürfte: Übergewicht kann Diabetes, Bluthochdruck, Gelenkschäden und Herzkrankheiten begünstigen – mit gewaltigen Folgekosten für das Gesundheitssystem.

Die Idee ist da, die Ausführung aber noch längst nicht beschlossen. Wer wie viel einzahlen soll, ob gerade jene Branchen löhnen müssen, die eklatant Ernährungsregeln missachten – dies wird „bislang erst diskutiert“, so das Ministerium.

Im Juli formierte sich eine Arbeitsgruppe. Sie berät, ob man nicht kleinere Verpackungen für Süß- und Knabberwaren erzwingen sollte oder den Fettanteil einiger Kindersnacks reduzieren könnte. Denn die meisten Riegel sind zu süß, zu fettig, zu kalorienreich, ihre Dauerkonsumenten nicht agil und kräftig, wie die Werbung suggeriert, sondern träge und schwabbelig. Daher begrüßt etwa Carel Mohn, Sprecher des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, die Initiative der Ministerin.

So vage die Pläne auch sind, genügten sie doch, Wirtschaftsvertreter zu alarmieren: „Es darf keine Fondslösung geben, die einseitig zu Lasten der Wirtschaft geht“, forderte Peter Traumann, Vorsitzender des Bundesverbandes der Ernährungsindustrie. COSIMA SCHMITT