Bewegung im Kinderzimmer

Die richtigen Kindermöbel auf Anhieb zu kaufen, ist ganz schön schwer. Hochbetten bergen Gefahren, Kleiderschränke müssen Versteckspiel aushalten. Und ordentlich Stauraum für den ganzen Kinder-Krims-Krams wäre schließlich auch ganz nett

taz ■ Da hatten Theo und Clara ihre Mama ganz schön reingelegt. So große Kisten mit Rollen, die man unters Bett schieben könne – das wäre doch zum Aufräumen ganz gut. Drei Wochen sind die rollenden Behälter jetzt im Haus. Ordentlich Spielzeug verstaut wurde darin noch nie. Dafür ständig Taxi, Bus oder sogar rollendes Bett gespielt.

Nur ahnungslose werdende Eltern lassen sich von redegewandten VerkäuferInnen so genannte „Kinderzimmer“ aus Wickeltisch, Junior-Gitterbett und Wandschrank für zweieinhalbtausend Euro andrehen. Möbliert man damit allerdings das klassische Acht- bis Zehn-Quadratmeter-Kinderzimmer des 60er- und 70er-Jahre-Wohnungsbaus, ist das komplett zugestellt und der Bewegungsmangel des Sprösslings programmiert.

Aufgeklärte Eltern wissen natürlich, dass die abgepolsterte Tobe- und Krabbelecke am Boden viel wichtiger ist als der biedere Kleiderschrank und versuchen auch die Wickeltischphase mit originellen Provisorien à la Kommode-auf-Klötzen-höher-gestellt zu umgehen. Aber auch diese Klientel ahnt in diesem frühen Stadium noch nicht, dass sich Kinderzimmer zwangsläufig mit einer Flut von Gegenständen füllen.

Wenn Mama anderthalb Jahre nach der Geburt loszieht, um niedliche Stühlchen und ein Tischchen für das Kind, das gerade sitzen kann, zu besorgen, ist dies noch ein vergnügliches Shopping-Event. Später wird sie wieder und wieder ausschwärmen und nach Ordnung schaffenden Möbelsystemen Ausschau halten. Etwa einem Treppenregal, das Kleinkindern das Klettern erlaubt und gleichzeitig Einschubnuten für Spielzeugkisten verschiedener Größen enthält.

Zwei, drei Geburtstage später wirkt auch dessen Fassungsvolumen lächerlich gering: Dann müssen Wandregale, Bettkisten und normale Schränke her. Und wer dann einst das solide Ungetüm aus Eiche von Großtante Else als zu hässlich ablehnte, wird dies spätestens jetzt bereuen: In den meisten modernen Kleiderschränken können sich Kinder heutzutage nicht mal mehr verstecken, weil sie zu wackelig sind. Kinder klettern auf und in alles rein. Möbel müssen standfest sein.

Klar gibt es eine Reihe von Kindermöbelherstellern, die genau darauf achten. Abenteuerbetten mit Kletterseil, Kran und Piratensteuerrad zum Beispiel haben gewiss schon manch elterliche Beziehungskrise provoziert. Sie meint, dass sich die vierstellige Euro-Investition in das aus astlosen und einwandfrei abgerundeten Kiefernholzbalken gefertigte Gerüst lohnt. Er hat in der Broschüre der Verbraucher-Zentrale gelesen, dass Hochbetten wegen der Unfallgefahr erst für Sechsjährige empfohlen werden – wenn nicht eine zusätzliche Fallsicherung mit eingebaut ist. Wer wenig Platz in der Wohnung hat, ist mit der Hochbett-Lösung vielleicht gut bedient.

Auch ganz normale Kinderbetten müssen nicht schmucklos sein. Schaukelbetten, Höhlenbetten und Schrankkastenbetten – alles ist zu haben. Sogar ein Rennauto-Bett aus massiver Kiefer ist im Angebot, wahlweise natur, rot oder blau lasiert, natürlich speichelfest. Das autobegeisterte Vater-und-Sohn-Gespann – hier wird eindeutig an die Papis als Käufer appelliert – kann zwischen „Oldtimer“, „Formel S“ und „Formel 1“ wählen und einem Modell, dass bei Überdruss in ein Regal umgebaut werden kann. Wer auf Rundumlösungen steht, kann gar ein komplettes Kinderzimmer mit einer Zapfsäule als Ablage und Werkstatt-Tischen erwerben.

Einziger Nachteil: Die Räder des Bettautos drehen sich nicht und die Karosserie geht bis zum Boden, so dass man keine Staukiste drunter schieben kann. Und weil die sich wirklich rollen lässt, ist sie für Kinder im Zweifelsfall das spannendere Taxi.

KAIJA KUTTER