Der Energiemarkt wird reguliert

Rot-Grün ist sich weitgehend einig, eine Ordnungsbehörde für die Energiewirtschaft ins Leben zu rufen. Weiter Streit über Ausnahmen für stromintensive Betriebe bei der Ökostrom-Umlage zwischen Wirtschaftsministerium und Grünen

aus Berlin HANNES KOCH

Mit der Selbstregulierung der Energiewirtschaft in Deutschland dürfte es bald vorbei sein. Die rot-grüne Bundesregierung ist sich weitgehend einig, dass sie eine Behörde einrichtet, die den Wettbewerb auf dem liberalisierten Energiemarkt sichern soll.

Am Donnerstagabend verhandelten VertreterInnen der Fraktionen von SPD und Grünen mit dem Wirtschafts- und dem Umweltministerium. Nach dem Gespräch sagte die grüne Energieexpertin Michaele Hustedt: „Es wird eine Behörde geben. Das war Konsens in der Runde.“

Rot-Grün berät zur Zeit über die Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG). Dieses regelt die Förderung, die Stromproduzenten erhalten, wenn sie Elektrizität aus regenerativen Quellen in die öffentlichen Netze einspeisen. In dem Zusammenhang spielt ein neuer Richtlinien-Entwurf der Europäischen Kommission eine Rolle, mit dem der Wettbewerb auf den Energiemärkten gesichert werden soll. Weil der Entwurf die Einrichtung von Regulierungsbehörden nahe legt, ist das Bundeswirtschaftsministerium nun anscheinend bereit, seine Gegenwehr einzustellen. Die Grünen plädieren dafür, eine Behörde zu gründen, um die Diskriminierung der neuen Stromproduzenten durch die alten Konzerne wie RWE und Eon zu unterbinden.

Nicht geklärt ist bislang, welche Form die Regulierungsbehörde annehmen soll. Eine Möglichkeit: Das Bundeskartellamt übernimmt diese Funktion. „Die Ausgestaltung ist noch umstritten“, erklärt Hustedt.

Keine Annäherung gab es nach Information der taz in Bezug auf die Härtefallregelung für stromintensive Industriebetriebe. Aluminiumhersteller aus Nordrhein-Westfalen beispielsweise beklagen, dass ihnen die Stromkosten infolge der Ökostrom-Förderung allmählich die Konkurrenzfähigkeit rauben. Denn die Einspeisevergütung für Strom aus Wind- und Sonnenkraftwerken wird auf alle Stromverbraucher umgelegt. Die Industrie fordert deshalb, dass die Ökostrom-Umlage für einzelne Betriebe nicht immer weiter steigen dürfe, sondern auf eine bestimmte Summe begrenzt werden müsse. Bei einer öffentlichen Veranstaltung in der Essener Gruga-Halle machte die Wirtschaft gestern gegen das Ökostromgesetz mobil.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement stellt sich nun auf den Standpunkt, dass es eine pauschale Härtefallregelung geben solle, die die stromintensiven Betriebe ein für alle Male entlastet. Die Grünen und das Umweltministerium auf der anderen Seite wollen dem nicht zustimmen – sie plädieren für Einzelfallprüfungen. Dann sei es Unternehmen nicht möglich, ungerechtfertigterweise von einer Entlastung zu profitieren.

Während die Politik bemüht ist, die Leitplanken des liberalisierten Energiemarktes zu definieren, hat das Landgericht Berlin gestern ein möglicherweise weitreichendes Urteil zum bisherigen Ordnungsregime gefällt. Das Gericht bezeichnete die Verbändevereinbarung zum Gasmarkt als „Preiskartell“.

Der Bundesverband Neuer Energieanbieter hatte eine einstweilige Anordnung beantragt. In der Verbändevereinbarung haben die Lobbyorganisationen der Energiewirtschaft zum Beispiel geregelt, zu welchen Preisen die Durchleitung von Gas durch fremde Leitungen abgewickelt wird. Eventuell ist die Vereinbarung nun komplett hinfällig.