„Schröder ist ein Frauenversteher“

Sechs Ministerinnen stehen treu zu ihrem Kanzler – jedenfalls am Frauentag – und wollen „ihn jetzt nicht ersetzen“. Schröders Nachfolger jedoch soll eine Frau werden, nur Kandidatinnen gibt’s nicht. Vielleicht statt einer Sozialdemokratin eine Grüne?

aus Berlin PATRIK SCHWARZ

Kanzlersturz? Putsch von oben? Nein, die sechs Ministerinnen, die sich gestern zum Internationalen Frauentag der Presse stellten, denken nicht dran, ihren Gerd abzusetzen. „Gerhard Schröder ist auch ein Frauenversteher“, erläutert die Seniorin der Runde, Familienministerin Renate Schmidt. Das Wörtchen „auch“ soll dabei wohl auf seine vielfältigen anderen Aktivitäten hinweisen. „Gerhard Schröder ist ein guter Bundeskanzler“, bilanziert Schmidt, „deshalb wollen wir ihn jetzt nicht ersetzen.“ Nicht jetzt?

Ja, der nächste Kanzler, schiebt die stellvertretende Parteivorsitzende nach, solle eine Kanzlerin sein, „möglichst aus der SPD“. Darin sei sie sich mit vielen Parteifreundinnen einig. Wenn das kein Scherz war – und wie könnte eine Frauenministerin mit dem 8. März Scherze treiben? –, ist es eine Neuigkeit. Einmal abgesehen davon, dass seit Sigmar Gabriels Niederlage bei der Wahl in Niedersachsen kein Sozialdemokrat mehr richtig weiß, was nach Schröder kommen soll, war dabei von einer Frau bisher nie die Rede. Auch Schmidt weiß nur, wer nicht in Frage kommt: sie selbst. „Nachdem ich das Alter für eine neue Hoffnungsträgerin deutlich überschritten habe, kann ich das in aller Ruhe sagen.“

Auch von den anderen Ministerinnen, die in der Bundespressekonferenz links und rechts von Schmidt hocken, drängt sich keine als kanzlerabel auf: Christina Weiss sitzt als Kulturstaatsministerin im Kanzleramt zwar am nächsten an Schröders Schreibtisch, hat aber nichts mit der SPD am Hut. Auch der Justizministerin Brigitte Zypries, wiewohl die frischeste Frauenstimme im Kabinett, fehlt die Verwurzelung bei den Genossen an der Basis. Im Gegensatz dazu hat Heidemarie Wieczorek-Zeul den Versuch schon hinter sich, an die Spitze von Staat und Partei vorzustoßen – die heutige Entwicklungshilfeministerin unterlag 1993 Rudolf Scharping bei der Urwahl des SPD-Vorsitzenden.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt fehlte gestern krankheitsbedingt – und ist auch sonst angeschlagen. Forschungsministerin Edelgard Bulmahn schließlich hat gerade den Vorsitz der niedersächsischen SPD geräumt und schafft es bis heute, von Kamerateams unerkannt durch die Drehtür des Willy-Brandt-Hauses, der SPD-Parteizentrale, zu gehen.

Bleibt Renate Künast. Ihren Machtinstinkt bewies die Landwirtschaftsministerin gestern schon, indem sie es vermied, zum 8. März die Bedeutung der Frau beim Kühemelken hervorzuheben. Stattdessen griff sie nach dem Männerthema Krieg und Frieden, Bush und Saddam – fiel dann allerdings in eine typische Männerfalle: Was sie sagte, klang gut, war aber Unsinn. „Unfrieden“ herrsche im Irak, dazu gehöre auch „Unfrieden zwischen den Geschlechtern“, denn Frauen werde der Zugang zu Wasser, Nahrungsmitteln und „einem Stückchen Land“ verwehrt. In Afrika mag das so sein, doch Irak liegt nicht in Afrika. Ach ja, und in der SPD ist Künast auch nicht.