Arafat gibt nach

Palästinenser-Chef will Mahmud Abbas zum Ministerpräsidenten ernennen. Israelische Armee startet neue Offensive im Gaza-Streifen

GAZA/BRÜSSEL ap/dpa/epd/rtr ■ Die israelische Armee ist gestern am frühen Morgen abermals mit dutzenden Panzern in den nördlichen Gaza-Streifen eingedrungen. Der palästinensische Präsident Jassir Arafat gab unterdessen dem internationalen Ruf nach Reformen in seiner Autonomiebehörde nach und kündigte die Ernennung seines Stellvertreters Mahmud Abbas zum Ministerpräsidenten an.

Aus Militärkreisen verlautete, Ziel der Aktion sei, ein Gebiet im nördlichen Gaza-Streifen unter israelische Kontrolle zu bringen, um das Abfeuern von Raketen auf nahe gelegene israelische Ortschaften zu verhindern. „Wir werden so lange bleiben, wie es notwendig ist. Und wenn wir beschließen, an diesem Gebiet für eine lange Zeit festzuhalten, werden wir das tun“, sagte der Kommandeur der nördlichen Gaza-Brigade, Joel Strick, im Armeerundfunk. Augenzeugen berichteten von rund 100 Panzern und anderen Militärfahrzeugen, die vor den Toren des Flüchtlingslagers Dschabalija und der angrenzenden Stadt Beit Lahija aufgefahren seien. Schusswechsel waren zu hören, Berichte über Verletzte lagen zunächst nicht vor. Die Truppenbewegungen riefen unter der Bevölkerung Panik hervor.

Arafat kündigte nach Angaben von Parlamentspräsident Ahmed Kureia am Donnerstag die Ernennung seines Stellvertreters in der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Abbas, zum Ministerpräsidenten an. Arafat werde den auch unter dem Namen Abu Masen bekannten Abbas kommende Woche in einer Parlamentssitzung für das Amt vorschlagen. Abbas hat allerdings mittlerweile weit reichende Machtbefugnisse zur Bedingung seiner Zusage gemacht. Wie gestern aus Fatah-Kreisen verlautete, will er den neu geschaffenen Posten nur annehmen, wenn er unter anderem die Minister ernennen und mögliche Friedensverhandlungen mit Israel führen darf. Die Palästinensische Autonomiebehörde steht unter internationalem Druck, die Regierung zu reformieren und das Amt eines Ministerpräsidenten einzuführen.

Das UN-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) erhält in diesem Jahr 57,7 Millionen Euro von der Europäischen Union. Mit diesen Geldern würden Bildungs-, Gesundheits- und Sozialprogramme für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten unterstützt, teilte die EU-Kommission gestern in Brüssel mit. Die Zahlungen seien ein wesentliches Element der europäischen Strategie im Nahost-Friedensprozess, hieß es. Der palästinensischen Seite werde damit versichert, dass die Flüchtlingsfrage auf der Tagesordnung der internationalen Gemeinschaft bleibe und bei den Verhandlungen nicht vergessen werde.

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