Kritiker will keiner gewesen sein

Nach den „Karnickelversuch“-Vorwürfen gegen den Hannoverschen Herzchirurgen Axel Haverich rudert einer seiner angeblichen Kritiker zurück: Philosophie-Professor Hartmut Kliemt fühlt sich von der „Süddeutschen“ falsch zitiert

Der in die Kritik geratene Herzchirurg Axel Haverich erhält Rückendeckung von unerwarteter Seite: Philosoph Hartmut Kliemt, der in einem Zeitungsartikel als Kritiker Haverichs dargestellt worden ist, bemüht sich jetzt um die Ehrenrettung des umstrittenen Forschers.

Die Süddeutsche Zeitung hatte Kliemt noch vor zwei Wochen mit der Bemerkung zitiert, er könne dem Bundespräsidenten die Nominierung von Axel Haverichs für den Deutschen Zukunftspreis nicht empfehlen. In dem Artikel war von „Karnickelversuchen“ und „ethischen Bedenken“ die Rede gewesen. Nach dieser Kritik und der dadurch ausgelösten Diskussion war Herzchirurg Haverich am vergangenen Dienstag von der Nominierungsliste des Deutschen Zukunftspreises gestrichen worden (taz berichtete). Das Forscher-Team um den hannoverschen Wissenschaftler hatte sich damit nur zwei Wochen lang über die Aussicht auf den mit 250.000 Euro dotierten Preis freuen können.

Die Jury des Zukunftspreises hatte betont, die Entscheidung sei aufgrund „patentrechtlicher Fragen“ gefällt worden. Doch es blieb offen, ob nicht auch die Umstände von Haverichs Tests eine Rolle gespielt hatten, bei denen es um „mitwachsende Herzklappen zur Implantation im Kindesalter“ ging: Haverich und sein Team hatten die Kinder nicht in Deutschland, sondern in Moldawien operiert.

Kliemt war in der Süddeutschen Zeitung mit den Worten zitiert worden, eine Auszeichnung durch den Bundespräsidenten könne Anreiz für deutsche Forscher sein, Versuche bei denen zu machen „die sich nicht wehren können“. Doch nun fühlt sich der Philosophieprofessor aus Frankfurt missverstanden, wie er in einem Offenen Brief an die Hannoversche Allgemeine Zeitung darlegt: Die Süddeutsche-Redakteurin, die ihn interviewt hatte, habe „altbekannte Techniken angewandt“ und seine Äußerungen falsch wiedergegeben. Es sei ihm „unangenehm“, dass Haverich in der Folge Unrecht geschehen sei.

Er stehe ganz im Gegenteil „ethisch hinter dem Vorgehen“ Haverichs, schreibt der Philosophie-Professor in seinem Leserbrief. Die von „Herrn Haverich durchgeführte“ Erprobung von Herzklappen sei „medizinethisch einwandfrei“. Es handele sich dabei keineswegs um einen „Karnickelversuch“.

Es ginge ihm bei seinem Offenen Brief nicht um die Korrektur der Zitate, schreibt Kliemt. Seine eigene Person „tue da wenig zur Sache“. Vielmehr fühle er sich wegen des Renommees Haverichs verpflichtet, diese Information zu verbreiten“.

Der Präsident der Medizinischen Hochschule Hannover, Dieter Bitter-Suermann, kündigte nach der Entscheidung der Jury des Deutschen Zukunftspreises rechtliche Schritte an. Anwälte sollten die Streitfrage um das Patentrecht an Haverichs Forschung klären. Der Berliner Herzchirurg Wolfgang Konertz hatte die Nominierung Haverichs für den Zukunftspreis eine „Verarschung“ genannt und stattdessen das Patent auf „mitwachsende Herzklappen“ für sich und seine Forschergruppe beansprucht. NADINE VOGT