Es liegt an Kuranyi

Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Ein Abend mit bzw. ohne Fußball im persischen Restaurant Saray in Berlin-Charlottenburg

Man ist ja selbst schuld, wenn man die Termine, die Deutschland bewegen – oder gerade nicht, und stattdessen vor der Glotze fesseln – nicht im Kopf hat. Dann nämlich kann es sein, dass man frohen Mutes in einen lauschigen Restaurantabend aufbricht und dann alleine da sitzt. Es ist der historische Abend, an dem ein gewisser Herr Kuranyi auf der Tribüne sitzt, beziehungsweise irgendwann nicht mehr auf der Tribüne sitzt und das persische Restaurant Saray an der Uhlandstraße in Berlin-Wilmersdorf ist gähnend leer.

Im vorderen der drei schönen, großen Räume, dort wo die Bar steht, hantiert ein Mann mit dem Fernsehgerät. Im mittleren Raum, dort wo sehr viele leere Tische stehen, exotische Blumen in Vasen auf Betrachter warten, sitzen nur wenige Gäste an den großen Fenstern und starren ins Dunkel der Straße. Auch hinten in der Orient-Lounge, wo man sich in ein buntes Kissenmeer fläzen und Wasserpfeife rauchen kann, ist nicht viel los.

Irgendwie schafft es die Bedienung dennoch, recht beschäftigt auszusehen, ein wenig hin- und herzulaufen, anstatt gelangweilt hinterm Tresen zu hängen. Das ist sympathisch, zeigt es doch dem Gast, dass nicht jeder Handgriff eine schreckliche Zumutung ist.

Auch bei den Vorspeisen kommt das leise Gefühl auf, das etwas falsch läuft, es aber nicht dem Saray anzulasten ist. Der Taboule-Salat schmeckt etwas zu sauer für den eigenen Gaumen, das Paprikamousse etwas metallisch, und die Joghurtcreme mit Minze etwas zu leicht. Wo ist das Fett für diesen kalten Winterabend? Hätte man vielleicht doch lieber zum Griechen nebenan gehen sollen? Und wie steht es beim Spiel? Man weiß es nicht, der Fernseher flimmert lautlos. Als das Länderspiel in die Halbzeitpause geht und Kevin Kuranyi als ehemaliger Nationalspieler das Stadion verlässt, werden die Hauptspeisen serviert. Gut, dass man Durchhaltevermögen bewiesen hat, denn sie sind wirklich köstlich.

Das Lamm wurde in Selleriegemüse geschmort und ist perfekt gewürzt. Das Hühnchenfleisch auf dem Spieß schmeckt so gut, dass man alles andere dafür liegen lassen möchte. Zart, leicht salzig, frisch, so gut, wie es sein kann, wenn es nicht bio ist. Nicht gerade im Einklang mit der Welt und ihren Ressourcen ist leider auch die Reisbeilage. Viel zu viel; die Hälfte wandert in den Mülleimer.

Als dann die zweite Halbzeit läuft, wird noch ein Feigeneis serviert, das einen darüber hinwegtröstet, das Fußballspiel zu verpassen. Der wahre Skandal kam sowieso später, der Essensgenuss aber sofort.

RESTAURANT SARAY, Uhlandstr. 142, 10719 Berlin, (0 30) 86 39 66 64, U-Bahn Spichernstr., Mo.–So. 12 bis 2 Uhr, Wasser 0,75 l, 5,50 €, Lammtopf 8 €, Hühnerbrust-Spieß 9,50 €