BEISPIEL HAMBURG: DIE UNION VERFOLGT EINE NEUE KULTURPOLITIK
: Die Senatorin für den Vorgarten

Künstler hatten es schon immer schwer in Hamburg. Denn auch die Sozialdemokraten in Deutschlands zweitgrößter Stadt haben sich dann und wann als ignorant gegenüber den Bedürfnissen der Kultur erwiesen – bevor Christina Weiss, die derzeitige Kulturstaatsministerin, es schaffte, als Kultursenatorin für die Künste einzutreten und trotzdem zu sparen. Insofern könnte man es als Hamburgensie behandeln, dass Hamburgs CDU-Bürgermeister Ole von Beust an seiner derzeitigen Kultursenatorin Dana Horáková festhält, obwohl der seitens der kulturinteressierten Bürger der Stadt mittlerweile blanker Hohn entgegenschlägt.

Es gibt aber zwei Umstände, die die gegenwärtige Situation besonders erscheinen lassen. Zum einen ist das der Grad der Aufregung, den Dana Horáková erzeugt – selbst vornehme Hanseaten flüchten sich längst in Namenswitze, und in jedem von ihnen kommt das Wörtchen „Horror“ vor. Lustig findet die Witze übrigens keiner.

Noch bemerkenswerter aber ist, dass Ole von Beusts Sturheit einem politischen Kalkül folgt, das für die Kulturszene auch über Hamburg hinaus wenig Gutes ahnen lässt. Es deutet sich nämlich ein Richtungswechsel an. Bisher war es so: Wenn die CDU schon mal eine der traditionell linken deutschen Großstädte erobert hatte, hat sie bislang auch immer ein besonderes Interesse an der Kultur gezeigt. Frankfurt am Main ist das beste Beispiel dafür: Nach dem CDU-Sieg sprossen die Renommierprojekte aus dem Boden. Und in Hamburg? Fehlanzeige. Stattdessen stellt sich die Kultursenatorin ans Rednerpult und hält den Künstlern vor, erstens oft sowieso unverständlich und zweitens hauptsächlich teuer zu sein. Die CDU betreibt damit eine Kulturpolitik, die nicht mehr in der alten Tradition des bürgerlichen Repräsentationswillens steht, sondern in der ziemlich kleinbürgerlichen Tradition, dass man vom ausgegebenen Geld auch etwas haben muss.

Natürlich muss gespart werden. Aber die Pointe der Kulturpolitik à la Horáková ist, dass sie den Dialog mit den Kulturschaffenden, den jedes sinnvolle Sparkonzept zur Voraussetzung hat, unmöglich macht. Wo Neues entstehen soll, muss Altes sterben, hat Frau Horáková gesagt – ein guter Spruch für Vorgärten, für Großstadtkultur ist er zu dürftig.

Für die deutsche Kulturpolitik insgesamt ist das ein schlechtes Signal. Von der CDU jedenfalls, so scheint es, sind zurzeit noch nicht mal mehr Renommierprojekte zu erwarten. Vom manischen Geldausgeben der Achtzigerjahre schaltet sie um auf die depressive Taktik: Den ganzen Bereich der Kultur können wir uns sowieso nicht mehr leisten. Abwicklung muss man so etwas wohl nennen.

DIRK KNIPPHALS