Jungsozialisten machen Grüne Liste länger

In Oer-Erkenschwick haben sich junge SPD-Mitglieder der Grünen Liste angeschlossen. Jetzt wollen die Jungsozialisten die absolute Mehrheit ihrer Ex-Partei brechen. Nach der Kommunalwahl ist auch eine Koalition mit der CDU denkbar

OER-ERKENSCHWICK taz ■ Ausgerechnet im Kommunalwahljahr hat die Oer-Erkenschwicker SPD junge Genossen an die Konkurrenz verloren. Anfang der Woche beschlossen gut ein dutzend Mitglieder der Jusos, die Sozialdemokratie zu verlassen und zur Grünen Liste überzulaufen. „Die SPD in Oer-Erkenschwick ist nur noch ein Wahlverein“, begründet Tim Czornohus, einer der Politdissidenten, den Schritt. Gemeinsam mit den Alternativen wollen die Ex-Jusos bei der Kommunalwahl am 26. September die absolute Mehrheit der Sozialdemokraten brechen.

SPD-Stadtverbandschef Andreas Krebs bedauert den Verlust der Jusos: „Aber wir konnten uns nicht unter Druck setzen lassen.“ Die verflossenen Jung-Genossen hätten ultimativ bessere Listenplätze für die Kommunalwahl gefordert. „Dabei haben wir den Jusos gute Wahlkreise und Listenplätze für die Wahl zugestanden“, sagt Krebs. Die Oer-Erkenschwicker SPD gilt als Musterbeispiel für die Sozialdemokratie im Ruhrgebiet. Mit stabil rund 1.600 Mitgliedern ist der Stadtverband eine Rarität in der kriselnden Partei. Während viele Nachbarstädte seit 1999 von der CDU regiert werden, verfügen die Genossen in der Haardt-Stadt noch immer über eine satte absolute Mehrheit. Zahlreiche Vereine, Verbände und Institutionen in Oer-Erkenschwick sind mehr oder minder verwoben mit der örtlichen SPD.

„Die Macht in Oer-Erkenschwick muss umgekrempelt werden“, fordert Ex-Juso und Neu-Grüner Tim Czornohus. Darum haben er und die anderen Jung-SPDler die allein regierende Partei verlassen. Nicht nur wegen der Differenzen bei der Kandidatenaufstellung, betont der 26-jährige Student: „Der Streit um die Listenplätze für die Kommunalwahl war nur das letzte Glied in der Kette.“ In der SPD würden politische Streitthemen überhaupt nicht mehr diskutiert, kritisiert Czornohus. Agenda 2010, Hartz-Reformen, Kriegseinsätze der Bundeswehr – nichts davon stehe bei der Oer-Erkenschwicker SPD zur Debatte.

Der Kontakt zwischen Jusos und Grün-Alternativen besteht schon seit Jahren. Gemeinsam gründeten SPD-Nachwuchs und Ökos einen Kulturverein, protestierten im Jahr 2001 gegen den Afghanistan-Krieg und haben auch sonst viel gemeinsam. Die Oer-Erkenschwicker Grünenliste ist eine Abspaltung von der regierenden Bundespartei. „Wir passen zusammen“, glaubt Grünen-Sprecher Josef Oeinck. Ein Problem könne allenfalls der große Altersunterschied zwischen den Ex-Jusos und den alteingesessenen Alternativen werden, lacht der Grüne. „Die sind ja alle um die 20, wir dagegen eher in den Vierzigern.“ Durch den Zuwachs ist die Mitgliederzahl der Grünen Liste auf über 50 angewachsen. „Bei der Kommunalwahl wollen wir die SPD von der Macht fern halten“, sagen Oeinck und Czornohus übereinstimmend. „Auch eine schwarz-grüne Koalition ist nicht ausgeschlossen.“ Im März sollen Programm und Kandidaten für den Urnengang bestimmt werden.

SPD-Chef Andreas Krebs sieht der neuen Politkooperation gelassen entgegen. „Wir haben noch genug junge Leute in der Partei.“ MARTIN TEIGELER