Keine Entlastung für Polizisten

Im Prozess gegen drei Polizisten wegen Körperverletzung im Amt hat der Richter einen Ortstermin angesetzt. Er will die „Fixierung“ Walter Herrmanns im Kölner Polizeipräsidium nachstellen lassen

VON THOMAS SPOLERT

Die Szene mutet an wie aus einem schlechten Krimi, doch sie spielte sich offenbar am 18. September 2001 in Köln ab: Drei Polizisten pressen einen hageren Mann zu Boden. Der liegt bäuchlings auf dem Boden in der Ausnüchterungszelle des Kalker Polizeipräsidiums, die Hände auf den Rücken gefesselt. Der 64-jährige Mann fällt in Ohnmacht. Später wird er ins Krankenhaus transportiert – mit gebrochener Nase, gebrochener Rippe und einem Schädelhirntrauma. Der Leidtragende ist bekannt als Initiator der Kölner Klagemauer und Träger des Aachener Friedenspreises: Walter Herrmann. Er war verhaftet worden, weil er auf einen Platzverweis nicht reagiert hatte. Woher seine Verletzungen rührten, wird nun seit Montag vor dem Kölner Amtsgericht geklärt. Die drei Polizisten im Alter von 29, 30 und 32 Jahren sind wegen Körperverletzung im Amt angeklagt.

Am gestrigen zweiten Verhandlungstag ist der diensthabende Wachdienstführer als Zeuge vernommen worden. Der Polizist hatte angeordnet, Herrmann nach seiner Ankunft auf der Wache in die Ausnüchterungszelle zu stecken. Er habe seinen drei Kollegen so „die Arbeit erleichtern“ wollen.

Zuvor hatte der Leiter der Dienststelle Klaus Grau ausgesagt, der Vorfall sei nicht dokumentiert worden. Er habe erst durch die Ermittlungen der Kriminalpolizei Näheres dazu erfahren: „Ich habe keine Unterlagen zur Vorführung gefunden.“

Grau sagte, nur die „schwierigen Vorzuführenden“ würden fixiert. Richter Hans-Rudolf Busch fragte daher nach, ob es sich bei Herrmanns Verhalten tatsächlich um heftigen Widerstand gehandelt habe. Wenn Herrmann in die Zelle gesteckt worden wäre, obwohl er sich nur minimal wehrte, „wäre das skandalös“, so Richter Busch. Nach Darstellung des Wachdienstführers, der im Zeugenstand sehr unsicher wirkte, habe er nur in eine „totale Chaossituation“ Ruhe bringen wollen. Busch fragte den Zeugen, ob er „überfordert“ gewesen sei. „Nicht direkt“, war die Antwort. Der Polizist räumte aber ein, das „eine oder andere falsch entschieden“ zu haben.

Dass die Situation laut und chaotisch war, bestätigten gestern auch zwei weitere Zeugen, die zum Zeitpunkt von Herrmanns Eintreffen auf der Wache anwesend waren. Die letzte geladende Zeugin, eine Polizistin, war krank gemeldet, soll aber auf Wunsch aller am Verfahren beteiligten Parteien vor der Urteilsverkündung gehört werden.

Staatsanwaltschaft und Nebenkläger Herrmann beantragten außerdem, dass der Kriminalpolizist in den Zeugenstand berufen wird, der bereits im November 2001 einige der Beteiligten vernommen hatte, die sich gestern nicht mehr richtig an den Vorfall erinnern konnten.

Darüber hinaus beantragte die Verteidigung, einen Ortstermin, um zu klären, wer sich wo aufgehalten habe. „Dies ist besonders für die Schöffen wichtig“, begründete Rechtsanwalt Fenimore von Bredow gegenüber der taz seinen Antrag.

Beim Ortstermin, den der Polizeipräsident genehmigen muss, soll dann auch die Fixierung demonstriert werden. Die Verteidigung will damit zeigen, dass auch ohne „vorsätzliche Einwirkung“ die Verletzungen von Herrmann entstanden sein könnten.

Walter Herrmann ist mit dem bisherigen Verlauf des Verfahrens sichtlich zufrieden. „Der Richter stellt schon die richtigen Fragen“, kommentierte er gegenüber der taz. Der Prozess wird am 2. Februar fortgesetzt.