„Sehr geehrter Herr Wowereit, …

… machen Sie dem Bankenskandal endlich ein Ende! Das fordern rund 100 Berliner Bürger in einem Offenen Brief vom Regierenden Bürgermeister. Anlass ist das Volksbegehren zur Bankgesellschaft

VON RICHARD ROTHER

Der Protest gegen den Umgang mit dem Bankenskandal weitet sich aus. In einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bringen rund 100 zum Teil prominente Berliner Bürger in scharfen Worten ihre „tiefgreifende Sorge hinsichtlich des Versagens aller politischen und wirtschaftlichen Kontrollinstanzen der Stadt“ zum Ausdruck. Den gestern veröffentlichten Brief haben unter anderem unterschrieben: der Regionalplaner Klaus Brake, der langjährige Weltbank-Manager Peter Eigen, die Publizistin Lea Rosh, die Viadrina-Rektorin Gesine Schwan, der Verleger Klaus Wagenbach, der Wirtschaftswissenschaftler Dieter Vesper und andere (siehe Kasten).

Die Unterzeichner beziehen sich in ihrem fünfseitigen Schreiben ausdrücklich auf das Volksbegehren zur Rückabwicklung der Risikoabschirmung, mit der Berlin die Haftung für Immobilienrisiken der Bankgesellschaft übernommen hat. Eine unverzügliche Aufklärung und Lösung der Krise um die Bankgesellschaft sei „dringend geboten“, heißt es in dem Schreiben. Und: „Wir sehen die Zukunft und die mühsam nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaute Demokratie der Stadt ernsthaft bedroht.“

Mehr noch als über die finanzielen Machenschaften und persönlichen Bereicherungen der Verantwortlichen in der Bankgesellschaft sind die Unterzeichner „über das Versagen aller demokratischen Kontrollinstanzen in der Wirtschaft und in der Politik der Stadt besorgt“. Explizit kritisiert werden: die Vorstände und das Managment der Bankenholding und der Tochterbanken, die auch kriminell gehandelt hätten; die Aufsichtsräte, die alle Machenschaften der Vorstände abgesegnet hätten; die in der Bank tätigen Wirtschaftsprüfer, die die Praktiken in der Bank gedeckt und fantastisch abkassiert hätten; die bundesweite Bankenaufsicht, die die gesamte Schulden- und Risikolast auf das Land Berlin abzuwälzen versucht habe; der Senat, der seinen Einfluss nicht ausgeübt habe, das Abgeordnetenhaus und seine Parlamentarier, die überfordert seien und die Justiz, die zu versagen scheine.

Als Sofortmaßnahme fordert der offene Brief nun ein 5-Punkte-Programm. Zunächst sollte die Bankenholding entflochten werden, von bislang nicht als Berater und Prüfer involvierten Personen. Dazu gehöre ein Neuaufbau der gesunden Bankteile, vor allem der Sparkasse. Zudem sollte sich die Bank von allen Vorstandsmitgliedern, Managern und Aufsichtsräten trennen, „die alle versagt haben und in den alten Netzwerken verstrickt sind“.

Entscheidender Punkt ist den Unterzeichnern die Rücknahme der Risikoabschirmung durch das Land Berlin. Die auf Begünstigung, Korruption und Schrottimmobilien aufgebauten Fonds müssten neu verhandelt beziehungsweise rückabgewickelt werden. „Die unglaublichen, letzlich das Land Berlin so belastenden Fondsbedingungen sind ein Angriff auf und eine Aushebelung der Marktwirtschaft.“

Weiter fordern die Unterzeichner des offenen Briefes eine „unverzügliche Transparenz der wirklichen Situation“. Weitere Verschleierung, Täuschung und Vertuschung erhöhten den ohnehin katastrophalen Vertrauensverlust der Bürger gegenüber der Politik. Und: „Die Verursacher des Desasters müssen unverzüglich strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.“