Kein Wasser in Sicht

Die ersten vom Mars übermittelten Daten widersprechen der These von dem einst so wasserreichen Planeten. Sollten diese Ergebnisse durch weitere Untersuchungen bestätigt werden, muss auch der Traum vom Leben auf dem Mars beerdigt werden

VON KENO VERSECK

Ist der Mars vielleicht doch außerirdischer als angenommen? Keine gute Nachricht für Anhänger bemannter Mars-Missionen: Er ist es wohl. Das besagen jedenfalls die ersten zur Erde gefunkten Messergebnisse des US-amerikanischen Marsfahrzeugs Spirit. Das soll auf dem Mars nach Wasser suchen – die wichtigste Voraussetzung dafür, dass Menschen zum Mars fliegen. Gefunden haben die Instrumente des Fahrzeuges bisher kein Wasser – dafür aber umso mehr Exotisches und Rätselhaftes.

Vor zwei Wochen war Spirit im Zentrum des 170 Kilometer breiten Gusev-Krater südlich des Mars-Äquators gelandet, ein Krater, der am Ende eines großen Grabensystems liegt. Die Hypothese von Wissenschaftlern über diese Region: Der Gusev-Krater könnte einst der Mündungssee eines Flusssystems gewesen sein.

Doch schon als Spirit die ersten Aufnahmen der Landestelle zur Erde schickte, sprach sich einer der Projektwissenschaftler, der Geologe Jeff Moersch, dagegen aus, die rotbraune Steinwüste vorschnell mit ausgetrockneten irdischen Wüstenlandschaften zu vergleichen: „Um es platt zu sagen, man sollte ein Buch nicht nach seinem Umschlag beurteilen.“

Die Forscher entdeckten verwirrende Details auf den Fotografien. Sie hatten erwartet, dass Sand und Staub an der Landestelle locker sein würden und die Landung von Spirit entsprechende Spuren hinterlassen hätte. Stattdessen zeigen die Aufnahmen ein „seltsam kohäsives Oberflächenmaterial“, so Steve Squyres, einer der Projektwissenschaftler. Also Material, das irgendwie zusammenklebt. „Matschartig“ nannte es ein anderer Wissenschaftler. Weitere Aufnahmen der letzten Tage belegen das Phänomen.

Spirit hat sich inzwischen einige Meter von der Landefähre wegbewegt. Die Räder des Fahrzeuges sind seitdem von einer Kruste mit Marssand überzogen. An den erschlafften Airbags der Landefähre, die Spirit fotografiert hat, „klebt“ Staub. Und bei der Landung haben die Airbags den Boden einfach „wie ein Stück zusammengeknautschten Teppich vor sich hergeschoben“, so der Spirit-Wissenschaftler John Grotzinger. „Magischer Teppich“ heißt die Stelle seitdem beim Spirit-Team.

Wasser, so viel wissen die Forscher, kommt für den „Marsmatsch“ im Gusev-Krater nicht in Frage. Aufgrund des geringen Luftdrucks auf dem Mars, der nur gut ein Tausendstel des irdischen beträgt, verdampft flüssiges Wasser in der Nahe der Planetenoberfläche sofort. Es müsse sich daher um „irgendeine Art von chemischem Kleber“ handeln, spekulieren die Forscher.

Den haben möglicherweise die von deutschen Forschern gebauten Instrumente an Bord von Spirit gefunden, zwei Röntgenspektrometer für Boden- und Gesteinsanalysen. Diese Instrumente konnten bei einer ersten Bodenanalyse verschiedene Salze wie Sulfate und Chloride nachweisen. Solche Salze könnten es sein, die den Marsstaub und -sand zusammenhalten.

Salze können sowohl bei vulkanischen Prozessen entstehen als auch ein Ablagerungsprodukt von Aktivitäten im Zusammenhang mit Wasser sein. War der Gusev-Krater also doch einmal ein See? Dagegen spricht, dass bei der Bodenanalyse auch das Mineral Olivin gefunden wurde, eine magnesium- und eisensilikathaltige Substanz, die bei Vulkanismus entsteht und wenig wasser- und witterungsbeständig ist.

Auch andere Rückstände einer wässrigen Vergangenheit des Gusev-Kraters wurden bisher nicht gefunden. Karbonate zum Beispiel, Minerale, die unter Einwirkung von Wasser entstehen, sind nur in so kleiner Menge im Boden um die Spirit-Landestelle enthalten, dass sie höchstens im Zusammenhang mit Spuren von atmosphärischem Wasserdampf entstanden sein können.

Spuren einer wässrigen Vergangenheit des Gusev-Kraters könnten sich allerdings ein gutes Stück unter seiner Oberfläche verbergen. Deshalb soll Spirit bei seiner ersten größeren Fahrt einen kleinen Einschlagskrater ansteuern. Dann, so hoffen die Forscher, könne man vielleicht in etwas tiefere Bodenschichten schauen. Der Geologe John Grant, einer der Spirit-Projektwissenschaftler, warnte freilich davor, sich auf die Wasser-Hypothese zu versteifen: „Wir sind geradezu verknallt in den Mars, und es ist schwer, nicht nur das zu sehen, was wir sehen wollen“, so Grant. „Wir haben jetzt schon so lange darüber gesprochen, dass der Gusev-Krater ein ausgetrockneter See ist, dass wir in Gefahr sind in eine Falle zu geraten, wenn wir nur an diese Möglichkeit glauben.“