Mit lautem Knall

Mit Anca Barna und Florian Mayer sind bei den Australian Open auch die letzten Deutschen ausgeschieden

MELBOURNE taz ■ Was das Buch der deutschen Geschichten bei den Australian Open 2004 angeht, das wird mit lautem Knall geschlossen. Als Letzte schieden am Donnerstag Florian Mayer (1:6, 0:6, 3:6 gegen den Argentinier David Nalbandian) und Anca Barna (3:6, 4:6 gegen Lisa Raymond/USA) aus, und damit ist wie zuletzt vor 25 Jahren in Melbourne bereits nach Runde zwei keiner mehr dabei. „Ein Desaster“, wie Männer-Teamchef Patrik Kühnen findet. Im vergangenen Jahr hatte Rainer Schüttlers Erfolg die Lage geschönt, nach dessen Niederlage diesmal in der ersten Runde sind die Defizite schneidend deutlich geworden.

Dafür konnte Florian Mayer sicher nichts. Ob er nun sehr nervös war, wie Trainer Ulf Fischer berichtete, oder nur ein bisschen, wie er selbst zugeben wollte – das Spiel gegen den Weltklassemann Nalbandian war für den Debütanten aus Bayreuth eine Nummer zu groß. Es dauerte nach einer kurzen, unruhigen Nacht kaum mehr als anderthalb Stunden, aber in dieser Zeit zeigte sich in kompakter Form immerhin der Stand von Soll und Haben. So chancenlos, wie es das klare Ergebnis glauben macht, war Mayer keineswegs. Hätte er mehr als nur eine von sechs Breakchancen oder öfter einen seiner zahlreichen Spielbälle genutzt, dann wäre zumindest der Gewinn eines Satzes möglich gewesen. Aber nach vier Spielen innerhalb knapp einer Woche fühlte sich der junge Mann schlicht ein wenig kraftlos.

Die Höhe der Niederlage stimmte Mayer ein wenig traurig, doch die Form des Abschieds ändert nichts an der erfreulichen Bilanz der ersten Turnierwochen des Jahres, die ihn in der Weltrangliste um rund 50 Plätze nach oben befördert sowie Aufmerksamkeit und gute Einnahme beschert haben. Mit der Bestätigung, beim ersten Grand-Slam-Turnier seines Lebens eine gute Figur gemacht zu haben, kehrt er nach Deutschland zurück, wo man ihn auf größerer Bühne ab April bei den ATP-Turnieren in München und Hamburg wiedersehen wird.

Hoffnung, so findet Kühnen, müsse nicht nur aus der Altersklasse Mayers kommen, sondern vor allem von den Jüngeren. Um künftig mehr Talente früher an die Spitzenklasse heranzuführen, will er Spieler wie Routinier Karsten Braasch, der in Melbourne noch im Doppel aktiv ist, oder Bernd Karbacher in die Arbeit einbinden. Er hat dabei, wie DTB-Sportwart Rolf Schmid versichert, die Unterstützung des Verbandes, der allerdings fast noch größeren Handlungsbedarf bei den Frauen sieht.

Nur drei Deutsche beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres – zwei direkt im Hauptfeld (Barna und Marlene Weingärtner), eine aus der Qualifikation gekommen (Angelika Bachmann) – im Gegensatz zu 16 Amerikanerinnen, 13 Russinnen und 10 Spanierinnen. Obwohl Anca Barna nach ihrem Spiel klagte: „Als Spielerin ist man im DTB unwichtig, die Offiziellen sind wichtiger“, kann es sein, dass endlich Bewegung in Sicht ist. Schmid stellte Barbara Rittner (30) am Donnerstag in Melbourne als neue Mitarbeiterin des Verbands mit der Stellenbeschreibung „Tourcoach“ vor. Rittner, derzeit verletzt, soll sich bei den großen Turnieren um die deutschen Spielerinnen kümmern und damit Bundestrainer Klaus Eberhard assistieren und entlasten, der nicht nur für das Fed-Cup-Team, sondern auch für den Nachwuchs zuständig ist. Eberhard selbst, DTB-Präsident Georg von Waldenfels und Schmid hatten Barbara Rittner eingeladen, mit nach Australien zu fahren, mit den Spielerinnen zu reden und sich dann zu entscheiden; nun ist der Handel perfekt. „Es haben wohl alle angenommen, ich hätte Erfahrung“, sagt Rittner, „ich habe selbst viel falsch gemacht in meiner Karriere und würde den anderen gern helfen.“ Sie versteht sich als Bindeglied zwischen den diversen Parteien. In dieser Hinsicht gibt es genügend Handlungsbedarf.

DORIS HENKEL