Commerz braucht Staat

Als erste große Privatbank bekommt die Commerzbank Milliarden aus dem Rettungsfonds. Das Geld könnte auch die Übernahme der Dresdner Bank sichern. Die Börsen feiern das mit Kursgewinnen

Die HSH Nordbank beantragt Staatsbürgschaften von bis zu 30 Milliarden Euro. Das teilte der Chef der gemeinsamen Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein, Hans Berger, am Montag mit. Ein Teil der Garantiesumme diene der Unterstützung der Geschäfte, der andere solle als Puffer genutzt werden, um für weitere Turbulenzen auf den Finanzmärkten gerüstet zu sein. Berger kündigte außerdem an, dass die Bank nach vorläufigen Zahlen im Zuge der Finanzkrise Abschreibungen von 1,3 Milliarden Euro in den ersten neun Monaten dieses Jahres vornehmen musste. Insgesamt sei ein Verlust von 360 Millionen Euro angefallen. DPA

VON ULRIKE HERRMANN

Die Commerzbank will als erste große Privatbank staatliche Hilfen annehmen – und ihr Eigenkapital um 8,2 Milliarden Euro aufstocken. Dafür kassiert der Bund 400 bis 500 Millionen Euro im Jahr. Die Staatshilfe wurde nötig, weil die Commerzbank massive Verluste eingefahren hat. Offiziell wurde im dritten Quartal ein Minus von 285 Millionen Euro verbucht.

Eigentlich wäre der Verlust sogar noch höher ausgefallen, doch die Commerzbank hat erstmals die neuen Bilanzregeln eingesetzt, die als Folge der Finanzkrise eingeführt wurden. Trotzdem musste das Institut 1,1 Milliarden Euro abschreiben. Allein die Ausfälle durch die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers belaufen sich auf 357 Millionen Euro. Auf Kredite an das staatsbankrotte Island wurden 232 Millionen Euro abgeschrieben. Die Verluste durch US-Hypothekenkredite machen 144 Millionen Euro aus. Auch für 2009 und 2010 rechnet die Commerzbank mit Abschreibungsbedarf – wenn auch in geringerem Umfang. Gerettet hat die Commerzbank allein das Privatkundengeschäft.

Bei der Staatshilfe handelt es sich um eine „stille Einlage“. Der Staat erhält also kein Stimmrecht auf den Hauptversammlungen. Die Anleger reagierten positiv: Bis zum Nachmittag stieg der Kurs der Commerzbank um knapp 5 Prozent. Allerdings war es für die Börsianer keine Überraschung, dass die Commerzbank Staatshilfen beantragt. Schon am Freitag lief das Gerücht um, dass die Commerzbank staatliches Eigenkapital anstrebt, und der Kurs brach um gut 6 Prozent ein.

Denn: 2009 und 2010 werden bei der Commerzbank keine Dividenden gezahlt. Die Bundesregierung hat ihre Hilfen an die Bedingung geknüpft, dass mit den Staatsgeldern keine Gewinnausschüttungen finanziert werden. Auch die Manager der Commerzbank muss Gehaltseinbußen hinnehmen und sich mit maximal 500.000 Euro pro Jahr begnügen. Bisher hat allein das Fixgehalt von Commerzbankchef Martin Blessing 760.000 Euro betragen. Boni wird es ebenfalls nicht geben. Blessing nahm es auf einer Analystenkonferenz mit Humor: „Ich kriege für November und Dezember keine Gehaltszahlung, sondern eine Lastschrift.“

Mit dem staatlichen Eigenkapital könnte auch die Fusion mit der Dresdner Bank abgesichert werden, die noch zur Allianz gehört und im nächsten Jahr zur Commerzbank wechseln soll. Ursprünglich wollte die Commerzbank Teile dieses Deals finanzieren, indem sie eigene Aktien ausgibt. Doch seither hat sich der Kurs der Commerzbank mehr als halbiert. Daher schloss Blessing am Montag nicht aus, dass man das Staatsgeld von 8,2 Milliarden Euro verwendet, um die Dresdner Bank zu übernehmen.

Neben frischem Kapital erhält die Commerzbank auch die Möglichkeit, Schuldverschreibungen über 15 Milliarden Euro auszugeben, für die der Rettungsfonds bürgt. Allerdings ist die Commerzbank bisher optimistisch, dass sie diese nicht benötigt.