Der Election Watch Guide

Im günstigsten Fall steht bereits am Mittwoch um zwei Uhr morgens der Wahlsieger fest. Und was man sonst noch alles über die Wahl wissen sollte

WASHINGTON taz ■ Wenn die Umfragen sich bestätigen, könnte dieser Dienstag in den USA eine relativ kurze Wahlnacht bringen. 270 der insgesamt 538 Wahlmännerstimmen muss ein Kandidat erzielen, um die Wahl für sich zu entscheiden. Wer in einem Bundesstaat eine auch nur dünne Mehrheit erzielt, erhält alle Wahlmänner des Staates zugesprochen.

Auch einen Tag vor dem Urnengang sehen die kombinierten Umfragewerte auf der vielbesuchten Politjunkie-Seite realclearpolitics.com einen deutlichen Vorsprung des demokratischen Kandidaten Barack Obama. Zwar ist der Abstand in einigen kritischen Staaten in den letzten Tagen ein bisschen geschrumpft, so dass insbesondere durch die demokratischen Wahlniederlagen 2000 und 2004 geschädigte Obama-Anhänger nahezu im Stundentakt die neuesten Nachrichten überprüfen. Dennoch: Liegen die Umfragen im Trend richtig, dann könnte die Wahl schon kurz nach zwei Uhr morgens deutscher Zeit entschieden sein.

Schon um 19 Uhr (1 Uhr nachts in Deutschland) schließen nämlich die Wahllokale in so wichtigen Staaten wie Virginia und Indiana, eine halbe Stunde später folgt Ohio, um 20 Uhr dann Pennsylvania und Florida. 2004 hatte George Bush mit Ausnahme von Pennsylvania alle diese Staaten gewonnen – jetzt liegt mit Ausnahme von Indiana überall Obama vorn. Schafft es der schwarze Senator, drei dieser Staaten zu gewinnen, gibt die Mathematik keine realistische Chance mehr für John McCain her, genügend Wahlmänner für einen Sieg zusammenzubringen. Allerdings: Wie schnell die jeweiligen Sieger tatsächlich bekannt gegeben werden, hängt davon ab, wie eng das Rennen tatsächlich wird. Die großen US-Fernsehstationen, die bei den Chaoswahlen 2000 vorzeitig erst Al Gore, dann George W. Bush zum Sieger ausgerufen hatten, sind deutlich vorsichtiger geworden.

Keine Rolle dürfte es spielen, dass an der Westküste der USA die Wahllokale erst Stunden später schließen. Zwar hatten die Networks sich früher einmal verabredet, Ergebnisse der Ostküste erst nach Schließung der Wahllokale in Kalifornien bekannt zu geben – nur hielt sich an diese Absprache niemand, zumal Kalifornien ohnehin seit den 80er-Jahren bei Präsidentschaftswahlen demokratisch wählt.

Von Interesse ist allerdings die Abstimmung über die sogenannte Proposition 8, mit der die derzeit in Kalifornien erlaubte Homoehe wieder verboten werden soll. Die Umfragen ergeben hier keinen eindeutigen Trend, doch die Gegner der Proposition 8 befürchten, dass erneut konservative Kirchengänger die Mehrheit gegen die Schwulenehe beschaffen könnten. So ähnlich war es auch im Jahr 2000 gelaufen, als das Verbot der Schwulenehe erstmals per Referendum beschlossen worden war: Noch kurz vor dem Wahltag hatten die Gegner vorn gelegen – nach einem Sonntag voller politisierter Predigten gewannen die Befürworter mit 61 Prozent. Im Mai 2008 allerdings war das Verbot für verfassungswidrig erklärt worden – daher jetzt der neue Anlauf.

BERND PICKERT