Lästiges Klima-Geschäft

Elf Monate vor dem Start des Emissionshandels packt die Manager der Unmut: Das System ist zu bürokratisch und die Software zu kompliziert

VON BERNWARD JANZING

Für Stromversorger und große industrielle Energieverbraucher beginnt mit dem Jahr 2005 ein neues Zeitalter: Die Firmen müssen künftig für jede Tonne Kohlendioxid, die sie in die Luft blasen, ein Emissionszertifikat vorweisen. Mehr als 2.600 große Unternehmen mit gut 20 Megawatt Leistung sind nach einer Liste des Bundesumweltministeriums (BMU) von der neuen Regelung betroffen. Diese Betriebe müssen Daten erheben, wie viele Treibhausgase sie ausstoßen. Doch sorgt der bürokratische Aufwand für Verdruss.

In der ökonomischen Theorie hat das neue Instrument, das von der EU im Rahmen des Klimaschutzes laut Kioto-Protokoll eingeführt wird, sehr viel Charme. Denn künftig profitieren Unternehmen, wenn sie die Emissionen von Kohlendioxid senken. Dann nämlich können sie ungenutzte Emissionszertifikate verkaufen. Hingegen müssen Firmen, die mehr Schadstoffe produzieren, als ihr Kontingent zulässt, Zertifikate zukaufen. Damit macht sich Klimaschutz in Zukunft finanziell bezahlt.

Die Praxis jedoch ist komplizierter. „Das ist unheimlich bürokratisch“, beklagt etwa Berthold Frei vom Lörracher Textilunternehmen KBC, dessen Erdgaskraftwerk unter das Gesetz fällt. Und Erich Möck, Sprecher des südbadischen Energieversorgers Badenova, gar warnt, „deutsche Gründlichkeit“ gefährde die Akzeptanz des Emissionshandels.

Wie ein roter Faden zieht sich derartige Kritik durch die deutschen Unternehmen. Friedhelm Bei der Kellen von der Osnabrücker Schoeller-Gruppe, die mehrere Papierfabriken besitzt, erläuterte genauer: „Die Software, die uns zur Verfügung gestellt wurde, ist zu kompliziert.“ Zudem werde bei den Daten eine Genauigkeit verlangt, die viel Personal erfordere, in der Sache aber gar nichts bringe.

Das Bundesumweltministerium (BMU) sieht das anders. Die aufwändige Datenerhebung ergebe sich aus juristischen Sachzwängen, begründet ein Sprecher. Zwar sei es möglich, den Emissionshandel mit weniger Aufwand zu gestalten. Doch fürchtet er, ein einziges Unternehmen, das sich ungerecht behandelt fühlt, könne gleich das ganze Projekt vor Gericht kippen. Die Unternehmen werden mit dem Aufwand also leben müssen.

Im Frühjahr wird ihnen die beim Umweltbundesamt eingerichtete Deutsche Emissionshandelsstelle eine Grundausstattung an Zertifikaten zuweisen. Das Verteilungssystem ist kompliziert, basiert aber auf den Emissionen der Firmen in den Jahren 2000 bis 2002. Das BMU wird eine Höchstgrenze, die für Deutschland insgesamt gelten soll, festlegen. Noch kann kaum ein Betrieb abschätzen, wie groß das eigene Kontingent ausfallen wird. Auch das sorgt für Missstimmung.

Ab 2005 – so viel ist zumindest sicher – können die Unternehmer dann mit ihren Emissionspapieren ähnlich wie mit Aktien an der Börse handeln. Gibt es also mehr Interessenten als Papiere, steigt der Preis der Tonne Kohlendioxid – so lange bis sich Angebot und Nachfrage die Waage halten.