Verluste für Chinas Bauern

Minister: Bauern in der Volksrepublik geht es heute schlechter als vor fünf Jahren

PEKING taz ■ Noch immer wohnen zwei Drittel der Chinesen auf dem Land und sind von der Landwirtschaft abhängig. Dabei geht es diesen über 800 Millionen Menschen heute schlechter als vor fünf Jahren. Diese ungewöhnlich kritische Bilanz zog Chinas Landwirtschaftsminister Du Qinglin am Rande des Nationalen Volkskongresses in Peking. „Die Einkommen auf dem Land entwickelten sich in den letzten fünf Jahren sehr langsam. Ihr Durchschnittsniveau liegt heute unter dem von 1997, man kann sogar von Einkommensverlusten sprechen“, sagte Du gestern. Er lieferte damit ein seltenes Eingeständnis der kommunistischen Regierung, die für sich seit Gründung der Volksrepublik in Anspruch nimmt, der Bauernfrage höchste Priorität einzuräumen.

Du führte diese Entwicklung auf eine „verspätete Urbanisierung“ und den Einkommenssprung in den Städten zurück. „Höhere Einkommen in den Städten bedeuten heute, dass die Leute weniger für einfache Bauernprodukte ausgeben“, klagte er. Zugleich sprach Du auch über neue Einkommensklüfte in der Landbevölkerung. Demnach verdienen Bauern in den entwickelten Küstenprovinzen viermal so viel wie Landwirte im westlichen Hinterland. Neben der Bauernfrage stand gestern eine Umstrukturierung der Regierung auf dem Programm des Volkskongresses. Beschlossen wurde die Bildung einer zentralen Kommission, die unabhängig von Ministerial- und Lobbyinteressen sämtliche Staatsvermögen verwalten soll. Außerdem wurde eine unabhängige Bankenaufsicht gebildet. GEORG BLUME

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