Menschlich würdeloser Umgang

Betr.: Debatte zur Friedenspreisverleihung an Martin Rooney

Die Auseinandersetzung um die Verleihung des Friedenspreises der Villa Ichon finden wir schon seit längerem äußerst ärgerlich. Sie wird als Streit um die „richtige Position“ zum drohenden Irakkrieg geführt. Aber darum sollte es u. E. im Kern nicht gehen, sondern vielmehr darum, wie man mit abweichenden Positionen umgeht. Martin Rooney wurde der Preis für sein unermüdliches, kontinuierliches Erinnern an den historisch vergessenen Genozid am armenischen Volk zuerkannt, sowie für seine Verdienste um vom Literaturbetrieb wenig beachtete Exilschriftsteller – und schließlich nicht für seine in einem Leserbrief vorgetragene Beurteilung zentraler Antikriegspositionen, wie er sie auf der Bremer Demonstration gegen den Irakkrieg wahrgenommen hat. Selbst wenn man die Einschätzung von Martin Rooney in ihrer apodiktischen Form nicht teilt, so ist doch festzuhalten, dass auch eine polemisch zugespitzte Auseinandersetzung mit Positionen der Friedensbewegung in der Linken grundsätzlich erlaubt sein muss. Deshalb wäre u. E. eine kritische Auseinandersetzung mit der Polemik von Martin Rooney die adäquate Antwort auf seinen Leserbrief gewesen, nicht aber die engstirnige und abstrafende Reaktion der Mehrheit des Preiskomitees, durch die dem Preisträger der bereits zugesprochene Preis nachträglich moralisch aberkannt, ihm aber in gönnerhafter Weise das „mühsam gespendete Preisgeld“ doch überlassen wird. Die Art und Weise, wie mit Martin Rooney umgegangen wird, halten wir menschlich für würdelos. Politisch erinnert sie an verhängnisvolle historische Traditionen der Ächtung abweichender Meinungen in der Linken.Christine Nitsche-Gleim, Bernhard Gleim, Christine Spiess, Bremen