Plump, aber sanft, aber Sex

Reamonn gastieren auf ihrer Erfolgstournee in Bremen und Hamburg. Ein jubelndes Publikum goutiert Mainstreampop allererster Güte

Was ist das? 1.300 Blondinen wedelwogen ihre Ärmchen durch die Luft, blicken den Liebsten mit auffordernder Begeisterung an, so dass seine Hände von ihren Hüften, Bauchnabel-Piercings, Pobäckchen zucken, in die Luft schnellen und mitwedeln.

Was das ist? Ein Konzert der süddeutschen Chart-Stürmer Reamonn vor 2.600 Besuchern im rappelvollen Pier 2 in Bremen. „Keine Ahnung, was wir richtig gemacht haben“, freut sich Reamonn-Sänger Reamonn (Garvey). Jede CD ein Verkaufserfolg, jede Single ein Hit. Fast jedes Konzert ausverkauft. Auch heute und morgen in Hamburgs Großer Freiheit. Ein Wahnsinn.

Ein Wahnsinn, wie nach dem „Supergirl“-Erfolg der Absturz in den One-Hit-Wonder-Orkus vermieden und mit einer aufwändigen PR-Kampagne zum Karrierehochsprung umgeleitet wurde. Was die Band richtig gemacht hat? Sich konsequent anti-originell als Barclay James Harvest des neuen Jahrtausends zu positionieren.

Also werden pathetisch fette U2- oder eingeweichte Bon Jovi-Harmonien auf omnipotent aufblühende Basslinien und midtempo-präzise Drum-Beats gestellt und von schrummeldischrummenden Gitarren umschwirrt. Man appliziert ohrwurmig geknetete Refrains, die so kuschelig nach Freiheit schmecken, und bläst alles mit Synthie-Sounds zu pompöser Makellosigkeit auf.

Aber pralle Luftballons sind halt auch immer hübscher als die schlappen Plastikhüllen. Auch wenn sie sich nur durch ein paar Kubikzentimeter warmer Luft unterscheiden.

Nur: Drei mutige Schritte in Richtung Rock machen aus charmantem Mainstreampop noch keine lebendige Musik. Reamonn bleiben Formatradio-Beglücker. Ziemlich egal.

Der seichte Schwulst und sterile Sound der CD-Produktion wird im Konzert allerdings von der opulenten Stimmungsmalerei befreit, klar konturiert, auch mal ergötzlich ätzend musiziert. Aber immer mit einer herausragend transparenten Live-Akustik geprunkt. Videowände beflimmern die Bühne. Bei „Star“ geht Funkelglitzerregen aufs Publikum nieder.

Bodenständig sympathisch wirken die schlabbrig gewandeten Reamonn-Typen in diesem erfolgreich aufgemotzten Ambiente. Aber auch irgendwie öde, wenn Abend für Abend die identisch witzelnden Ansagen als Spontanität verkauft werden. Wie etwa die Anmerkung des irischen Frontmanns, Gitarrist Uwe habe ihm „Deutsch vorbeigebracht“. Und jetzt sollten alle mal ihre Handys einschalten und Mutti anrufen.

Wozu diese spaßige Schema-F-Mucke taugt? „Für Sex“, prustet es aus Fanin Katja heraus. „Etwas plumper, aber sanfter Sex“, präzisiert ihr Axel. Seine Hände wandern wieder an Katjas Hüften. „Supergirl“. Wedel und Jubel. Und ab. fis