Ein Bündel voller Rechtsverstöße

Radiosender FSK hat gegen Razzia in der Redaktion Klage eingereicht. Landgericht muss entscheiden, ob Ermittlungsrichter gegen die Pressefreiheit verstoßen hat

Der Radiosender Freies Sender Kombinat (FSK) hat juristische Schritte gegen die Durchsuchung seiner Studios und Redaktionsräume durch Polizei und Staatsanwaltschaft eingelegt. Das bestätigte FSK-Anwalt Bernd Wagner der taz hamburg. Dabei geht es um die Razzia vom 25. November vorigen Jahres, bei der der Staatsschutz angeblich eine Tonbandaufnahme suchte (taz berichtete). „Das Gericht soll feststellen, dass das Eindringen in die Räumlichkeiten eines Presseunternehmens zum Zwecke der Beweissicherung sowohl rechtswidrig als auch völlig unverhältnismäßig war“, betont der medienrechtliche FSK-Verantwortliche Erhard Wohlmuth.

Bei dem Rechtsstreit geht es laut Berger zurzeit um zwei Ebenen. So war gegen den FSK-Redakteur Werner P. ein Strafverfahren wegen „Verletzung des geschützten Wortes“ eingeleitet worden, weil er ein Telefonatmit Polizeisprecher Ralf Kunz zu einer Bambule-Demo ohne dessen ausdrückliche Einwilligung mitgeschnitten und gesendet hatte.

Obwohl den Ermittlungsbehörden ebenso wie der taz hamburg der Name des Redakteurs bekannt war – ein förmliches Ermittlungsverfahren also auch seinen Zweck erfüllt hätte – und zudem die Kopie eines Mitschnitts der inkriminierten Sendung vorlag, erteilte ein Ermittlungsrichter des Amtsgericht auf Antrag von Polizei und Staatsanwaltschaft einen Hausdurchsuchungsbefehl für den Sender. „Der Sender war aber gar nicht Beschuldigter“, erläutert Wagner. Zudem sei ein Medienunternehmen nach dem Grundgesetz geschützt und verfüge über ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Während der Razzia nahmen die 30 PolizistInnen unmittelbaren Einfluss auf den Sendebetrieb, indem sie eine Berichterstattung über die Polizeiaktion durch Wachposten am Sendepult verhinderten. Darüber hinaus beschlagnahmten sie zwei Ordner mit Adressen und personenbezogenen Daten von FSK-Mitarbeitern. Im Verlauf der Razzia wurde überdies die Wohnung des FSK-Reporters Werner P. gefilzt – ohne Durchsuchungsbeschluss –, und wiederum Recherchematerial und Computer nebst Disketten beschlagnahmt.

Das Amtsgericht muss sich nun sowohl mit der Frage befassen, ob die Polizei einerseits nicht überzogen und unverhältnismäßig gehandelt hat. Im zweiten Schritt muss das Amtsgericht dem Landgericht den Komplex vorlegen, ob nicht wiederum das Amtsgericht durch die Gewährung des Durchsuchungsbeschlusses sich einer Rechtsverletzung schuldig gemacht hat.

In einem Parallelverfahren wird die Justiz überdies prüfen müssen, ob das polizeiliche Eindringen in die Wohnung von Werner P. rechtswidrig war.

Die Deutsche Jounalisten-Union in ver.di hat bereits das Vorgehen als einen Eingriff in die Pressefreiheit verurteilt – und als Versuch, kritische Medien zugunsten privater Anbieter einzuschüchtern. KAI VON APPEN