Amerikanisch-jüdisch studieren in Berlin

Das Touro College lädt am Montag ein zur Eröffnungsfeier in die Staatsbibliothek. Der Studienbetrieb läuft allerdings schon seit Oktober. Betriebswirtschaft kann man hier am Grunewald studieren. Am Ende steht ein weltweit anerkannter Bachelor-Titel

VON PHILIPP GESSLER

Die Eröffnung ist es nicht, denn schon seit Oktober büffeln 19 Studenten im „Haus am Rupenhorn“ nahe der Havel am Grunewald. Aber damals hatte man kaum gefeiert, und so wird das am Montagabend nachgeholt: Das Touro College Berlin, Deutschlands erste amerikanisch-jüdische Privatuniversität, lädt zur Eröffnungsfeier in die Staatsbibliothek am Potsdamer Platz. Und angemessen hochrangige Prominente aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wollen kommen: darunter Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), Walter Momper als Präsident des Stadtparlaments, Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS), der Chef der hiesigen Jüdischen Gemeinde, Albert Meyer, und die Botschaftsgesandten der USA und Israels, John Cloud und Mordechay Lewy.

Empfangen werden sie von der Gründungsdirektorin Sara Nachama und dem Rektor Herwig Haase, der zugleich Dekan der privaten Europäischen Wirtschaftshochschule ESCP-EAP Berlin ist. Die interessanteste Figur unter den Gastgebern ist jedoch Bernard Lander, der Gründer und Initiator der Touro Colleges, von denen es weltweit fünf gibt. Der 88-jährige Rabbiner war früher Soziologieprofessor und im Beraterkreis der US-Präsidenten Eisenhower, Kennedy und Johnson. Seit 1970 baut er nach und nach seine Colleges auf – mittlerweile studieren bei Touro etwa 18.000 Studenten.

Wie am idyllischen Rupenhorn sind es vor allem Studenten der Betriebswirtschaftslehre, die bei Touro lernen. Unterrichtssprache ist Englisch. Der Abschluss „Bachelor of Science in Business, Management and Administration“ wird nach US-Vorbild nach drei Jahren erreicht und nach Angaben des Colleges weltweit anerkannt. Hinzu kommt eine Besonderheit: Neben dem BWL-Studium werden auch geisteswissenschaftliche Kurse angeboten, etwa in Hebräisch oder in amerikanischer wie jüdischer Geschichte.

Dazu kleine Lerngruppen mit Studenten aus vielen Ländern unter anderem aus den USA, Sri Lanka und China – einen Wermutstropfen jedoch gibt es: Ein Semester kostet 3.000 Euro. Nicht gerade das, was den protestierenden Studierenden von Humboldt, Freier und Technischer Universität in der Stadt derzeit vorschwebt. Wobei die Frage wäre, ob die Streikbewegung die Kommilitonen am Rupenhorn überhaupt schon erreicht hat. Ist doch ganz schön weitab vom Schuss.

Umso besser kann man wahrscheinlich studieren. Zumal der elegante Flachbau am Rupenhorn, erbaut vor 75 Jahren, eine zwar traurige, aber auch eine Bildungstradition hat: Das Anwesen wurde von einem jüdischen Unternehmer gebaut, der es 1933 zu einem Spottpreis verkaufen musste. Später wohnte hier der Reichskirchenminister des NS-Regimes. Nach dem Krieg siedelte sich eine Jugendbildungsstätte an, ehe das Haus in die Hände der Stadt überging, die es nun für eine geringe Miete an das Touro College vermietet.

Übrigens nimmt die Bildungsstätte auch nichtjüdische Studenten auf. Und verglichen mit anderen US-Hochschulen sei der Semesterpreis sogar ziemlich fair, heißt es. Also, dieser Witz muss denn doch noch sein: Kein Teuro-College am Rupenhorn.