Wowereit dankbar für Berlin-Hilfe aus Bayern

Freude über Unterstützung für Hauptstadtklausel im Grundgesetz. Föderalismus-Kommission will Einigung noch 2004

BERLIN/POTSDAM ddp/afp ■ Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat die Unterstützung von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) für eine Hauptstadtklausel im Grundgesetz begrüßt. So etwas geschehe nicht alle Tage, sagte Wowereit am Freitag im DeutschlandRadio. Allerdings seien die Bayern schon nachdem die Entscheidung für Berlin als Hauptstadt getroffen worden sei, die ersten gewesen, die in Berlin Flagge gezeigt hätten.

Wowereit bekräftigte seine Forderung nach einer Hauptstadtklausel im Grundgesetz. Ein solches Bekenntnis in der Verfassung zur Bundeshauptstadt schaffe nicht nur eine Bewusstseinsänderung über die Rolle Berlins in der Bundesrepublik, sondern bestätige auch die Verantwortung des Bundes für hauptstadtbedingte Ausgaben. Diese hohen Ausgaben würden durch den Artikel 106 im Grundgesetz, der die Kosten für gesamtstaatliche Aufgaben regelt, nicht gedeckt werden. Die staatliche Repräsentanz und die kulturellen Angebote für Touristen seien für ein armes Bundesland wie Berlin nicht zu stemmen.

Der Regierende Bürgermeister widersprach Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der vor Zentralisierungstendenzen gewarnt hat. Berlin werde nicht zum Paris Deutschlands werden, da die Tradition in der Bundesrepublik eine andere sei als in Frankreich. Man habe in Deutschland gute Erfahrungen mit dem Föderalismus gemacht. Nun müsse man lernen, was Hauptstadt bedeute. Der SPD-Politiker betonte, dass eine Hauptstadtklausel im Grundgesetz natürlich nicht alle Probleme Berlins lösen werde. „Das ist mitnichten der Fall“, sagte Wowereit gestern, „die konkrete Ausführung muss dann im Tagesgeschäft erfolgen.“

Die Mitglieder der Föderalismuskommission von Bundestag und Bundesrat sehen gute Chancen für eine Einigung auf Konzepte für eine bundesstaatliche Neuordnung bis zum Jahresende. Es habe in zahlreichen Fragen eine Annäherung gegeben, sagten die Vorsitzenden der Kommission, Stoiber und SPD-Fraktionschef Franz Müntefering, gestern nach einer zweitägigen Klausurtagung in Potsdam. Niemand habe eine Tür zugeworfen oder sich so festgelegt, dass sich weitere Diskussionen erübrigten.

Stoiber erwartet noch 2004 Ergebnisse bei der Reform des bundesstaatlichen Systems. Er gehe davon aus, „dass wir bis Ende dieses Jahres wesentliche Entscheidungen getroffen haben“. Gebe es in diesem Jahr keine Fortschritte, „dann schaffen wir es nicht“, erklärte Stoiber. Nach seinen Angaben ist die Kommission bei der Diskussion um die Entflechtung der Gesetzgebung auf gutem Wege. Müntefering sagte: „Wir wollen so viel Föderalismus wie möglich und so viel Zentralismus wie nötig.“

Differenzen unter den Ländern gibt es vor allem bei der Steuererhebung. Länder mit hohen Einnahmen wollen diese in Zukunft selbst verwalten. Dagegen schlug der Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck die Zentralisierung von Steuerkompetenzen auf Bundesebene vor. Es wäre fatal, wenn sich die Bundesländer einen ruinösen Steuerunterbietungswettbewerb lieferten, sagte der SPD-Politiker. Dies würde arme Länder wie Brandenburg noch mehr schwächen, kritisierte Platzeck.

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